Unsere Überraschung war uns geglückt. Patis Mama Silvia hatte keinen blassen Dunst, dass wir die ganze Zeit unterwegs zu ihr nach La Paz waren. So sehr wir es genossen haben, mit ihr Zeit zu verbringen, so schnell war dann leider auch schon wieder Zeit, Abschied zu nehmen. Unsere Reise mit Carmen und Iñaki auf ihrer Anila stand an. Silvia flog wieder nach Hause in die schöne, kalte Schweiz. Wir begannen unseren Trip zurück in den Norden.

Nach ein paar schönen Tagen mit Silvia war es auch schon wieder Zeit, Abschied zu nehmen. In aller Herrgottsfrühe brachten sie Patricia und Carmen zum Flughafen. Dies war der offizielle Startschuss zu unserer Reise zurück in den Norden der Sea of Cortez auf Anila. Zuerst waren noch ein paar Abklärungen und Besprechungen an der Tagesordnung. Dies hatte zweierlei Gründe.
San Carlos statt Peñasco
Zuerst musste besprochen werden, wo unsere Reise denn nun genau hinführen sollte. Wir haben nur ein beschränktes Zeitfenster zur Verfügung, denn Mitte Juni fliegen Carmen und Iñaki zum Arbeiten zurück in die Schweiz. Hinzu kam, dass sie nun dazu tendierten, Anila in San Carlos anstatt in Puerto Peñasco auszuwassern. San Carlos liegt etwa auf halber Strecke von Puerto Peñasco und gleich neben Guaymas, wo die beiden letztes Jahr ihr Schiff auf Vordermann gebracht haben. Der Grund dafür ist einfach.
Mexikanische Schweisskunst
Das Ruder von Anila ist ziemlich in die Jahre gekommen und muss komplett erneuert werden. Da das Skelett des Ruders aus mehreren Teilen von rostfreiem Stahl besteht, muss es geschweisst werden. Das Ruder ist ein dermassen elementares Teil eines Schiffs, dass kein Raum für Fehler oder Probleme besteht. Iñaki und Carmen haben während ihrem Umbau einen Schweisser gefunden, der absolute Topqualität abliefert. Somit ist er logischerweise erste Wahl für sie. Also hiess es – es geht nach San Carlos statt Peñasco. Und Bus statt Segelschiff für einen grossen Teil des Rückwegs für uns. Die Busfahrt kennen wir schon von unserer Ankunft in Mexiko im Januar.
Ein unschlagbares Angebot
Der andere Punkt war, dass die beiden einen gebrauchten Spectra Wassermacher gefunden hatten. Bill von den Watermaker Guys, eine Koryphäe der Entsalzungsanlagen in der Umgebung, hatte dieses Topgerät zu einem unschlagbaren Preis im Angebot. Sie mussten einfach zuschlagen. Da Iñaki den Wassermacher vor der Abreise noch installieren wollte, schoben wir unsere Abfahrt aus La Paz nochmal ein paar Tage nach hinten. Kein Problem, denn so stand mehr Zeit für Vorbereitung der Reise und gemütliches Delfin-Gucken zur Verfügung. Wo sonst schwimmen Delfine direkt vor den eigenen vier Wänden hin und her?
Faster, Harder, Scooter!
Auch für ein bisschen Party war noch Zeit. Tagsüber schraubte Iñaki am Wassermacher, abends war Bier angesagt. Entweder auf Anila, mit Ray auf seiner Sea Note, bei SV Fickle, SV Bouby (einem anderen Segler aus der Schweiz!) oder SV Scooter. Wir verabredeten uns abwechslungsweise auf einem unserer Schiffe, und die Abende wurden lang. Besonders wichtig war, dass wir Hank und Taylor auf SV Scooter die gleichnamige, in Europa bestens bekannte Technoband näherbringen konnten. Faster, Harder, Scooter! How much is the fish? Die Liste der Hits ist lang, die Musik erste Sahne.

Es geht wieder loooos!
Die Installation des Wassermachers verlief reibungslos. Und so waren wir schnell daran, unsere Reise zurück in den hohen Norden vorzubereiten. Anders als bei unserer Überführung von Milagros haben wir dieses Mal Zeit, uns gemütlich von Ankerbucht zu Ankerbucht vorwärts zu hangeln. Das Ganze verbunden mit Trainingseinheiten mit Yachtmaster Iñaki. Der erste Hüpfer sollte uns in die Ankerbucht "El Mezteño" im Nordwesten der Insel "Espiritu Santo" nördlich von La Paz führen. Diese ist in den letzten Monaten zu einem beliebten Ausflugsziel von Iñaki und Carmen geworden. Also hiess es Passage planen, Schiff vorbereiten, Anker lichten. Früh am Morgen ging’s mal wieder los.
Das schönste Segel im Golf von Kalifornien
Der Morgen startete perfekt. Wir hatten gerade genug Wind, dass wir das Vorsegel hissen und damit vom Ankerplatz in den Kanal segeln konnten. Wer den Blogpost unserer Ankunft in La Paz mit Milagros kennt ja die Geographie bereits. 😉 Im Kanal hissten wir auf etwa halber Strecke das riesige, schnittige Oxley Levante Parasail von Anila. Was für ein Segel! Wir haben schon viele Lobeshymnen auf das Parasail von Iñaki & Carmen gehört, nun durften wir es endlich live in Action sehen. Das Oxley Parasail ist in den Farben von Anila gehalten. Es muss ein grandioser Anblick gewesen sein, wie wir den Kanal hinauf segelten. Leider hatten wir unsere Drohne nicht dabei. Machte aber nichts, denn wir hätten sowieso Angst gehabt, sie zu fliegen. Das Segel selbst ist einen eigenen Blogpost wert, mehr dazu ein anderes Mal.
Mezteño, wir kommen!
Die Fahrt zur Ankerbucht "El Mezteño" war kurzweilig. Mit knapp 20 Seemeilen (37 Kilometer) war es ein kurzer Hüpfer. Unterwegs erklärten uns Iñaki und Carmen die Grundlagen des Leichtwindsegelns und die Navigation zur Ankerbucht. Da die Insel Espiritu Santo direkt vor den Toren von La Paz liegt und viele wunderschöne Ankerplätze hat, ist die Frequentierung von anderen Schiffen dementsprechend hoch. Es hiess Augen offenhalten, auch wenn wir im Schnitt nur mit knapp 3 Knoten (5.5 km/h) unterwegs waren. Als der Wind immer schwächer wurde, mussten wir dann trotzdem das Segel runternehmen und mit dem Motor Vorlieb nehmen. So tuckerten wir zum Ankerplatz.
Die El Mezteño Ankerbucht
Die Ankerbucht selbst ist ein Traum. Typisch Sea of Cortez. Kristallklares, türkisfarbenes Wasser, umgeben von dramatischen Felsformationen. Die Einfahrt in die Bucht ist einfach, mit genügend Platz fürs Ankermanöver. Wir waren nicht alleine, ein paar Ausflugsboote und Charter-Katamarane hatten es sich ebenfalls gemütlich gemacht. Die Bewohner waren bereits mit Schnorcheln, Paddeln, Schwimmen oder Sonnenbaden beschäftigt. Alles kein Problem, die Anila findet mit ihren 1.50 m Tiefgang eigentlich immer irgendwo ein Plätzchen.
Krabben-Invasion
Da wurde natürlich sofort das Paddleboard aufgepumpt und zu Wasser gelassen. Pati und Carmen gingen auf Erkundungstour in die Felsen, während Iñaki und ich ein wenig am Schiff arbeiteten. Scheiben putzen war angesagt. Gesagt, getan. Danach stand die Reinigung des Unterwasserschiffs auf dem Programm. Wir stürzten uns ausgerüstet mit Schnorchel, Flossen, Tauchmaske und Plastikspachteln in die Fluten und legten los. Es war schon einige Zeit her, seit Iñaki die Hülle unter Wasser von Bewuchs freigemacht hatte. Dieser war relativ leicht zu entfernen und war bevölkert von Millionen kleinen Krebschen. Ihrer Unterkunft beraubt, entschieden sie sich, nun auf unseren Tauchanzügen zu residieren. Was ich aber nicht bemerkte war, dass sie auch noch woanders Unterschlupf suchten.
Es lebt!
Als wir unsere Putzarbeiten beendet hatten, waren wir von oben bis unten voll mit Krill. Wir konnten von Glück reden, dass keine Wale in der Nähe waren. Nachdem wir die Hülle von Anila geputzt hatten, waren nun anscheinend unsere eigenen an der Reihe. Nach viel strampeln, wiederholten Sprüngen ins Wasser und ein wenig Geduld waren wir bald wieder unbewohnt. Dachte ich. Denn Pati entdeckte noch ein Krebs-Geheimversteck. In meinem Bart! Da dieser natürlich besten Halt, Schutz und Feuchtigkeit bot, hatte es sich eine ganze Legion von kleinen Krabblern weit hinten in meiner Gesichtsbehaarung gemütlich gemacht.
Es gab nur eine Möglichkeit!
Nachdem ein Kamm das ganze Ausmass der Bart-Invasion zum Vorschein brachte, gab es nur eine Lösung. Mein Bart musste weg. Also machte sich Pati mit dem Haartrimmer an die Arbeit. Tatsächlich hätte mein Bart keinesfalls bleiben können. Ich hätte wohl schnell einen relativ fischigen Geruch mit mir herumgetragen. Ein Eau de Sea of Cortez Parfüm sozusagen. Ich weiss selbst nicht, wie der Anblick eines Barts voller Leben ist, konnte es aber anhand Patis Gesichtszügen gut ablesen. Adieu Bart, hallo Babyface. Ich kann euch hier kein Vorher-Nachher-Bild zumuten.
Bis zum nächsten Mal, Mezteño!
Dann war es auch schon wieder Zeit, die Planung für die Fahrt in die nächste Bucht in Angriff zu nehmen. Die «Isla San Francisco» stand auf dem Plan, ein weiterer Lieblingsplatz von Iñaki und Carmen und erneut knapp 20 Seemeilen weiter nördlich. Wenn man überlegt, dass wir im November 2020 die gesamte Sea of Cortez in nur zwei Passagen hinter uns gelassen hatten, konnte das ja nur gut werden. Langsam aber stetig vorwärts, mit genügend Zeit zum Verweilen. So muss das sein.
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