Man muss nicht immer auf dem Wasser unterwegs sein um tolle Erfahrungen zu machen. In Mexiko haben dieser Tage die Toten in den Strassen getanzt. Der Día de Muertos stand an. Ein paar Tage lang feiert Mexiko zusammen mit seinen verstorbenen Verwandten, Freunden und Familien. In Europa besuchen wir unsere Verstorbenen in gesitteter und ruhiger Manier, in Mexiko ist das Ganze eine grosse, farbige Feier. Die Verstorbenen besuchen dabei die Lebenden, und nicht umgekehrt. Wir haben uns mit unseren Freunden vom Boatyard ins Getümmel gestürzt. Und auch an der Bootsfront gibt es nur Gutes zu berichten.

Auch schon mal auf einem Friedhof gewesen? Ich bin nicht jemand der regelmässig die Gräber meiner verstorbenen Verwandten besucht. Friedhöfe sind mir suspekt. Sobald man über die Grundstücksgrenze tritt, herrscht eine komische Stimmung, man bewegt sich bedächtiger und redet automatisch leiser. Ich halte mir meine verstorbenen Familienmitglieder und Verwandter lieber in lebhafter Erinnerung. Die Toten sehen und hören einen ja sowieso nicht. Oder tun sie das vielleicht doch? Wir werden sehen.
Diese Tage gehören den Toten
Bei uns in Mexiko stand dieser Tage ein grosser Feiertag an: Der Día de Muertos – der Tag der Toten. Er wird in Mexiko um die Tage vom ersten und zweiten November gefeiert. Familien versammeln sich, um die Leben ihrer verstorbenen Verwandten, Freunde und Bekannten zu feiern. Aber nicht nur die Leben der Toten werden gefeiert, sondern auch das Leben. Die Leute versammeln sich in den Strassen, es wird Musik gemacht, getanzt und gefeiert. Es wird reichlich gegessen und getrunken und Süssigkeiten and wildfremde Menschen verteilt. Alles ist sehr fröhlich und farbenfroh, begleitet von traditionellen Ritualen und Symbolen.
Alle machen mit
Natürlich konnten wir uns dieses Fest nicht entgehen lassen. Seit ich mit Pixar’s “Coco” einmal in die Totenwelt und zurückgereist bin und mit James Bond in “Spectre” während dem Día de Muertos über die Dächer von Mexico City gerannt bin, war diese Tradition auf meiner Liste. Nun wurde der Traum tatsächlich Realität. Auch in Puerto Peñasco wurde eine ganze Strasse dem Fest gewidmet. Auf dem Boatyard waren alle in Stimmung. Die Crews von SV Pablo und SV Pulsar bastelten kurzerhand eine Piñata, auf welche die Kids einprügeln durfte.
Día de Muertos Gesichtsbemalungen
Eine kleine Gruppe versammlte sich bei Pete unter SV Mazu, wo wir uns mit Wasserfarbe die traditionellen Gesichtsbemalungen aufs Gesicht kleisterten. Sie sind dazu da, dass sich die Toten in der Welt der Lebenden willkommen fühlen. In der Strasse angekommen nahm die Party ihren Lauf und wir konnten vollkommen in den Tag der Toten eintauchen. Ich hätte zwar mehr Leute erwartet, was wahrscheinlich auch dem Virus geschuldet war. Trotzdem konnte man sich vorstellen was am Día de Muertos in grösseren Städten so los sein musste. Überall Farben, fröhliche Gesichter, gutes Essen, Bier und Tequila. Pete hatte noch einen grossen Sack Süssigkeiten zu viel auf dem Boot, den er kurzerhand auf der Strasse verteilte. Am Ende waren wir eine Gruppe von Crews von nicht weniger als 7 Booten, die sich versammelt hatten um am Fest teilzunehmen.
Cavaleras und Ofrendas
Ringelblumen und Cavaleras, kleine farbig angemalte Ton-Totenköpfe, spielen eine grosse Rolle. Sie sind überall zu sehen. Zum Einsatz kommen sie beispielsweise auf den Ofrendas, kleinen und grossen Altaren. Diese werden von den Familien aufgebaut und verziert. Sie werden mit Fotos von einem/einer Verstorbenen drapiert, dazu kommen allerlei Gegenstände, Blumen, Kerzen. Auch werden die Lieblingsspeisen des Toten aufgestellt. Die Ofrendas sollen den Geehrten oder die Geehrte dazu einladen, and den Festivitäten teilzunehmen.
Spektakuläre Catrinas
Highlight des Abends war die Ehrung der schönsten Catrina. Es wird gesagt, Catrinas seien die weltliche Repräsentation von Mictēcacihuātl, der Göttin der aztekischen Unterwelt Chicunamictlan. In unserer Welt trägt sie ausladende, farbenrohe Kostüme und grosse Hüte, verziert mit allerlei Liebe zum Detail. Sie ist die Versinnbildlichung des Día de Muertos. Da während des Tages der Toten allerlei Catrinas in den Strassen unterwegs sind, musste natürlich die schönste von allen gekürt werden. Und, wie soll ich sagen, ich bin nach wie völlig geflasht von den Kostümen, eins war schöner als das andere. Da kann man eigentlich nur Bilder sprechen lassen. Mit der Ehrung ging der Abend dann auch langsam zu Ende. Ein weiterer Haken auf der Bucket List. Zack!
Da war doch noch was?!
Ach ja, da war ja noch so ein Segelschiff, an dem wir herumbasteln. Und wisst ihr was? Unser (zweiter) Anstrich ist fertig! Warum der zweite Anstrich, fragst du dich? Dann ist es Zeit, sich für unseren Newsletter anzumelden, dann verpasst du nichts mehr! Wir haben es mal ausgerechnet: Wenn wir all den Einsatz und Schweiss, der in die Hülle von Milagros geflossen ist in einzelnes Schiff investiert hätten, hätten wir zu diesem Zeitpunkt ein Schiff von schlappen dreissig Metern neu gestrichen. ABER WIR SIND FERTIG!!!

Keine halben Sachen
Wieder haben wir uns die Seele aus dem Leib geschliffen. Auch da haben wir wie immer keine halben Sachen gemacht. Vor dem Schleifen kam ein sogenannter Guide Coat zum Einsatz. Dieser besteht aus einem schwarzen Pulver, das auf die Schiffshülle aufgetragen wird, damit man den vollen Überblick hat, wo noch mehr Arbeit investiert werden muss. Der Guide Coat zeigt gnadenlos auf, wo sich die Imperfektionen auf der Oberfläche befinden.
Zum x-ten Mal wird Milagros weiss
Und irgendwann war es dann wieder soweit. Pancho, der Malermeister, kam zum Schiff und sprayte die letzten drei Schichten Farbe. Da die Farbe so schön glänzt, versammelten sich natürlich wieder die Insekten um sich Hals über Kopf in die nasse Farbe zu stürzen und kleben zu bleiben. Glücklicherweise könnten wir auf Nic zählen, von unserem Nachbarschiff SV Rua Hatu. Er unterstützte uns mit Leiter und rosa Pinzette bewaffnet beim Insekten-aus-der-Farbe-picken, während ich Pancho assistierte.
Endlich fertig!
Und dann war es irgendwann soweit: Die Arbeit an unserer Schiffshülle war ein Ding der Vergangenheit. Wir sind nun stolze Besitzer einer glänzenden, starken, Zwei-Komponenten-gestrichenen Schiffhülle. Wenn alles gut geht wird daran über Jahre hinaus keine Schleifmaschine mehr zum Einsatz kommen. Vorausgesetzt wir krachen nicht irgendwo in ein Dock, natürlich.
Schildkröten-Rennen
Die Highlights häufen sich: Wir wurden nämlich auch noch Zeuge von etwas ganz, ganz Besonderem. Die Sea of Cortez beheimatet 5 verschiedene Schildkrötenarten. Natürlich sind alle fünf Arten bedroht, wie könnte es auch anders sein. Es wird geschätzt, dass alleine in der Sea of Cortez 35'000 Schildkröten illegaler Fischerei zum Opfer fallen. Das muss man sich mal vorstellen, fast 100 Tiere pro Tag. Eines der Hauptprobleme ist, dass die Jagd auf Schildkröten breit akzeptiert und nicht stigmatisiert ist. So kommt es nicht von ungefähr, dass es sich eine Handvoll Leute auf die Fahne geschrieben hat, die Meeresschildkröten in der Sea of Cortez zu unterstützen.
Eiersammeln
Die Schildkröten kommen von August bis Dezember zurück an die Orte, wo sie geschlüpft sind, um ihre Eier zu legen. So auch die Strände von Puerto Peñasco. Hier kümmert sich eine ganze Schar von guten Menschen um die Gelege, damit die Schildkröten-Babies ihren Weg zurück ins Wasser und auf ihre grosse Reise finden. Die Eier werden eingesammelt und ausgebrütet. Und sobald die Kleinen nach etwa 50 Tagen geschlüpft sind, werden freigelassen.
Nichts wird dem Zufall überlassen
Die Freilassungen können öffentlich besucht werden und so konnten wir natürlich nicht nein sagen, als uns SV Skookum und SV Mapache gesteckt haben, dass ein Schildi-Baby-Event stattfinden würde. Wir fuhren zum Strand von Las Conchas wo sich bereits eine Schar von Menschen versammelt hatte. Der Sand wurde von ein paar Arbeitern freigemacht und geglättet, damit die Kleinen freie Bahn hatten. So entstand eine Rennstrecke den Hang hinunter. Auch waren ein paar Security-Männer zugegen, die sicher gingen, dass den Schildkröten-Babies niemand in den Weg kam. Damit sie später wieder ihren Weg zurück nach Puerto Peñasco finden, können sie nicht direkt im Wasser freigelassen werden, sondern müssen ihren inneren Kompass mit dem über den Strand kriechen kalibrieren.
Los geht die grosse Reise
Die Babies waren in einer Plastikbox und kaum in den Sand gesetzt, wussten sie bereits in welche Richtung es ging: Immer der Nase nach Richtung Wasser. Manche hatten den Dreh schneller raus, manche weniger schnell. Alle Besucher halfen, dass die Schildkröten ihren Weg ins Wasser fanden. Hindernisse wurden aus dem Weg geräumt und Möwen verscheucht, die natürlich gerne einen Snack gehabt hätten.
Wann geht unsere Reise los?
Und so fanden schlussendlich alle 60 Tierchen unbeschadet ihren Weg hinaus ins grosse Blau. Sie machten es uns vor, nicht mehr lange, und dann tun wir es ihnen gleich. Mit ein paar Helfern macht sich Milagros auf ins Wasser, damit sie dann endlich, endlich, hinaus kann in die Sea of Cortez und ins hinein grosse Abenteuer. Einfach mal weg von Puerto Peñasco, ahnungslos ob sie den Weg zurückschafft oder nicht.

Nach all diesen Festivitäten ist uns das Bier ausgegangen! Willst du unseren Kühlschrank füllen? Dann klicke auf den Button unter dem Text! Wenn du willst, kannst du uns auch gleich monatlich auf Patreon unterstützen. So oder so: Vielen lieben Dank!