Margaritas, Upgrades und Rückenschmerzen

Wie ist denn das nun an diesem völlig heruntergekommenen Dock, an dem wir mit Milagros gerade zu Hause sind? Alles so schlimm wie es scheint? Nicht unbedingt - unsere neuste Entdeckung wächst uns nämlich je länger je mehr richtig ans Herz. Obwohl es an allem fehlt, haben wir trotzdem alles was wir brauchen und mehr. Wir werkeln nämlich fleissig an Milagros herum und bauen Upgrade um Upgrade ein. Allerdings machen mir leider auch meine neuen Rückenprobleme zu schaffen…

Ja, die Docks von El Mero sind in einem erbärmlichen Zustand (darüber kannst du in unserem letzten Blogpost lesen). Und es gibt kein Wasser und keinen Strom. Und keine Taco-Stände um die Ecke. Das wären dann aber auch schon alle Minuspunkte. Wir sind hier toll im kleinen «Königreich von El Mero» aufgenommen worden und verbringen hier eine echt gute Zeit, schliessen viele neue Freundschaften und erleben allerlei lustige Geschichten. Weil ich für die Arbeit nach Bangkok fliege und erst dann wieder zurück bin, wollten wir so schnell wie möglich in die Marina Fonatur in Guaymas umzuziehen, haben den Plan aber inzwischen fast schon verworfen. Zu gross der Andrang, zu wenig Platz vorhanden. Wir haben immer wieder angerufen und immer haben wir dieselbe Antwort erhalten: «Kein Platz frei!»

Wir mögen dieses kleine Örtchen.
Hier haben wir Empfang für Telefonate. Könnte schlimmer sein, was?

Tschüss Claudia, hallo Platz!

Platz haben wir dafür wieder umso mehr auf Milagros. Es ist schade, dass Claudia wieder nach Hause musste. Die knapp zweieinhalb Woche mit ihr sind wie im Flug vergangen. Sie war eine supergute Gästin, hat allerlei Projekte realisiert, ist mit uns und dem Bier ins Chläppergässli, wir haben viel gelacht und einfach die Zeit zusammen genossen. Seisch eifach wennd wider wötsch cho, gäll! Die wichtigste Lektion aus den paar Wochen Dreisamkeit? Zu dritt ists auf Milagros angenehm, vier Leute wären kuschlig, bei fünf dürfte es bereits eng werden.

Die Arbeit an Milagros endet nie

Man möchte meinen, dass wir nach unserem riesigen Umbau in Puerto Peñasco auf der faulen Haut herumliegen (können). Nichts da! Es gibt auf Milagros auch weiterhin viel zu tun. Der fehlerhafte Startermotor musste ausgebaut und geflickt werden, wir wollten unsere Solaranlage erweitern, unsere Ausrüstung für Notfallsituationen verbessern und den verbogenen Bugkorb flicken (wir haben ja bekanntlich in Puerto Peñasco Bekanntschaft mit einem Fischerboot geschlossen). Dass automatisch noch weitere Projekte dazukommen würden, liegt in der Natur der Dinge.

Zeit für eine Reparatur

So liessen wir nichts anbrennen und machten uns an die Arbeit. Zu allererst brachten wir den fehlerhaften Startermotor in eine Werkstatt. Der Ausbau ging nicht zuletzt dank kurzer Konsultation von ein paar Youtube-Videos problemlos vonstatten. Danach fragten wir ein wenig herum und auf Empfehlung von 1-2 anderen Seglern entschieden wir uns für eine kleine Werkstatt in der Stadt. Wir bestellten Caesar, den Chauffeur unseres Vertrauens, zum Muelle el Mero und nahmen auch gleich noch einen zweiten Startermotor mit, der schon seit geraumer Zeit in einem «Kellerabteil» von Milagros vor sich hinschlummerte.

Hier war der Startermotor zu Hause

Wir schleppen Motoren

Krass wie schwer diese Dinger sind. Die Kiste mit den beiden Startern konnten wir nicht alleine heben, wir mussten die Kiste mit vereinten Kräften zum Auto schleppen. Schon ein paar Tage später und ein paar hundert Pesos leichter hatten wir zwei revidierte Startermotoren in den Händen. Einer wurde eingebaut, der andere eingemottet, sollte der erste irgendwann mal den Geist aufgeben. Der Vorbesitzer von Milagros hat vor langer Zeit einmal die Möglichkeit gehabt, Ersatzteile von einem anderen Motor, der ausser Betrieb war, als Ersatzteile zu verwerten. Das kommt uns nun zugute, die Ersatzteile sind allerdings in die Jahre gekommen und benötigen teilweise eine Auffrischung.

Sehr bequem, aber kompliziert

Wir mussten planen und Material bestellen. Bestellungen aus den USA liefert hier in Guaymas und San Carlos Debbie aus Tucson in Arizona. Sie stellt ihre Adresse zur Verfügung für Lieferungen, die sie dann gegen Bezahlung hier nach Mexiko fährt. Einziger Nachteil: Sie kommt immer nur samstags, was die Planung relativ anspruchsvoll macht. Dass dabei auch einiges schief gehen kann, mussten wir dann am eigenen Leib erfahren.

Ohjeeeeeeeeee

Für unsere Solaranlage haben wir zwei Solarpanels zu Debbie bestellt. Da diese relativ unhandlich und sperrig sind, ist es für sie ein wenig problematisch diese zu bringen. Als wir an einem Samstag voller Vorfreude beim Treffpunkt zur Abholung ankamen, war nur eines der Solarpanels angekommen. «Solarpanels sind problematisch, es kann immer wieder sein, dass mir der Zoll zusätzliches Geld dafür abknöpfen will, darum habe ich nur eines mitgebracht», erklärte uns Debbie. Na toll.

Wir sind nicht die einzigen Opfer

Unser neuer Freund Pete von SV Swansong, den wir über Tyr, den isländischen Wikinger, kennengelernt haben, fährt uns samstags für Abholungen bei Debbie vom Dock nach San Carlos und zurück, was jeweils 45 Minuten Fahrt sind. Wir laden ihn dafür jedes Mal zum Frühstück ein. Dieses Mal waren auch Saxon und Holly, ein australisches Seglerpärchen, dabei. Die beiden erwarteten eine Lieferung Farbe für ihr Unterwasserschiff. Sie staunten nicht schlecht, als genau gar keine Farbe eintraf. Debbie hatte die Farbe schlichtweg in Arizona gelassen. Da standen sie nun und hatten nichts mehr zu tun.

Auf nach Amerika!

Mit hängenden Köpfen machten wir uns auf den Heimweg. Plötzlich hatten wir eine Idee – warum nicht kurzerhand ein Auto mieten und zu Debbie nach Tucson fahren? Gesagt, getan. Ein paar Tage holte Saxon mich pünktlich um DREI UHR MORGENS am Muelle El Mero ab. 7 Stunden hin, 7 Stunden zurück. Ein kurzer Aufenthalt in den USA mit einem Besuch bei Debbie und paar Erledigungen, dann wieder nach Mexiko. So der Plan. Sollte dieser aufgehen, würden wir abends wieder in Guaymas eintreffen.

Alles läuft fast wie geschmiert

Und wer hätte das gedacht? Die ganze Hinfahrt inklusive Grenzübergang verlief absolut reibungslos. Wir trafen an der amerikanischen Grenze auf insgesamt fünf GUTGELAUNTE und SUPER FREUNDLICHE Grenzwächter. Und wir kamen von Mexiko. Da sind wir uns normalerweise anderes gewohnt. Bei Debbie angekommen folgte dann die Ernüchterung. Zumindest für mich. Denn das Mietauto hatte keine herunterklappbaren Rücksitze. Mein Solarpanel passte nicht ins Auto. AAAARRRHRGHGHGHHRHRHWHAHHAHH!

Schwitzige Hände bei UPS

Saxon, Debbie und ich versuchten auf alle Arten, das Panel ins Auto zu kriegen. Keine Chance. Das Solarpanel passte nicht. Zum Glück war das Panel nicht unsere einzige Bestellung und so packten wir halt einfach unsere neue Powerstation und weitere Teile, die wir zu Debbie bestellt hatten ein. Danach mussten wir noch kurz zu Walmart, Home Depot und besonders wichtig: zu UPS. Denn da sollte Saxons und Hollys Farbe rumstehen. Mit schwitzigen Händen betraten wir die UPS-Station.

Schnell zurück nach Mexiko!

Und siehe da: Die Farbe für Saxon und Holly war angekommen. Also schnell alles eingepackt und ab die Post wieder zurück nach Mexiko! Wir hatten keine Zeit zu verlieren! Auch auf dem Rückweg alles kein Problem: An der Grenze wurden wir von den amerikanischen wie auch den mexikanischen Grenzbeamten einfach durchgewunken, und ein paar Stunden später waren wir wieder in Guaymas. Wir waren hundemüde. Was für ein Tag. Wir sind mal schnell für ein paar Stunden nach Amerika gefahren. Kann man mal machen, muss man aber nicht.

Kapazitätsgrenzen

Ein paar Tage später konnten wir dann auch das zweite Solarpanel von Debbie in Empfang nehmen. Somit konnte unser Solarupgrade losgehen. Der Plan war der folgende: Unsere Batterien sind langsam aber sicher am Ende ihrer Lebensdauer angekommen. Da wir beide regelmässig an unseren Laptops arbeiten, sind wir immer wieder mal an die Kapazitätsgrenze gestossen. Wir verbrauchten mehr Strom, als über unsere beiden 140W Panels reinkam. Somit war relativ schnell klar, dass wir mehr Solarinput brauchten - deshalb die zwei neuen, zusätzlichen 190W Solarpanels.

Ein kleines Kraftwerk fürs Büro

Als Kraftwerk für ins Büro und als Backup haben wir eine Anker 555 Powerstation gekauft. Diese enthält eine leistungsstarke Lithiumbatterie und kommt mit allerlei Steckdosen daher. Damit wollen wir unsere drei Stromvampire versorgen: Die Starlink-Satellitenschüssel betreiben und unsere beiden Laptops, damit wir dafür nicht Strom von den Batterien saugen. (Für die, die’s interessiert: diese 3 Geräte verbrauchen zusammen bis zu 20Ah.) Zusätzlich haben wir dank Inputs von Katie und Mike auf SV Alegria herausgefunden, dass wir die Box direkt an den Solarstrom anschliessen können. Somit geht auch für die Ladung der Powerstation kein Strom von der Batterie drauf. Die Box zapft einfach ihren Teil vom produzierten Solarstrom für sich ab, der Rest geht komplett in die Batterien des Schiffs.

Das neue Kraftwerk für Büro

Dies und das und das und dies

Was muss dafür getan werden? Wir müssen viiiiieeeeeeele Meter Kabel verlegen. Und zuerst einmal herausfinden, welche Kabelgrösse wir verwenden müssen. Wo die Anschlüsse sind. Wo die Kabel von den Solarpanels her durchs Deck sollen. Wo die Panels hinsollen und welche Panels an welche Position. Wo wir die neuen Ladegeräte positionieren wollen. Wo und welche Sicherungen und Schalter im System eingebaut werden müssen. Was wir vom bestehenden System noch gebrauchen können und was nicht. Was um- oder ausgebaut werden muss.

Planung ist alles!

Pati und ich machten uns Gedanken über das ganze System und sie zeichnete einen übersichtlichen Plan auf, komplett inklusive Auflistung der verschiedenen Projekte. So konnte ja nichts mehr schiefgehen. Der Plan ging auch tatsächlich auf, und einen ganzen Tag Arbeit später sassen wir vor vollendeten Tatsachen und unserer neuen Solaranlage. Es fehlen noch schöne Kabelläufe und ein paar Teile hier und dort, aber alles funktioniert genau so, wie wir uns das vorgestellt haben. Die Büroarbeit kann kommen!

Wir brauchen mehr Zeug

Damit wir die Solarpanels auf den gewünschten Winkel zur Sonne ausrichten können brauchen wir noch je einen «Solarpanel-Ständer». Auf Facebook haben wir einen lokalen, mexikanischen Schweisser gefunden, der schon für viele andere Schiffe gearbeitet hat und von vielen Seglern weiterempfohlen wird. Die Ständer verbinden wir gleich mit der Reparatur von unserem völlig verbogenen Bugkorb. Wisst ihr noch, als Milagros damals mit dem Fischerboot in Puerto Peñasco Bekanntschaft gemacht hat? Fast ein Jahr ist es her, nun wird der Schaden behoben.

Wir kommen auch noch zum Segeln

Wenn wir nicht gerade am Schiff oder dem Computer arbeiten, lassen wir es uns einfach gut gehen. Beispielweise sind wir schon diverse Male mit anderen Schiffen unterwegs gewesen. Keith beispielweise hat am Muelle El Mero zwei Schiffe stehen. Eins gross, eins klein. Wir sind mit beiden schon unterwegs gewesen. Und jedes Mal wurden wir 10 Minuten vor Abfahrt darüber informiert. Dann klopft es plötzlich und es wird gefragt: Wollt ihr segeln gehn – jetzt? Wir sind jeweils ein paar Stunden unterwegs, immer in lustiger Runde.

Vorsicht mit Pete!

Was wir auch gelernt haben ist, dass wir uns vor Pete in Acht nehmen müssen. Denn der hat uns nach einem Material-Run zu Debbie einfach mal kurzerhand um 11 Uhr morgens in eine Bar entführt, wo er gleich eine Runde Margaritas für alle bestellte. Und dann noch eine. Und noch eine. Es half nicht, dass auch noch die Fussball-WM im Fernsehen lief. So blieben wir gleich noch länger um zu sehen, wie England gegen Frankreich ausschied. Ich habe mir eigentlich vorgenommen, diese WM zu boykottieren (Fuck FIFA!), nun habe ich mir aber trotzdem ein Spiel angeschaut. Was solls. Aus einem kurzen Besuch bei Debbie wurde ein ganzer Tag und wir kamen erst nach Sonnenuntergang trümmlig zurück zum Schiff. Wir liessen es uns nicht nehmen, im Delirium auf dem Parkplatz vor dem Walmart in Guaymas ein ganzes Poulet zu verspeisen. So läuft das hier auf dem Schiff. Man weiss nie was der Tag bringt.

David hat offziell Rücken

Was nicht so schön ist, ist die Situation mit meinem Rücken. Ich habe mir irgendwann im letzten Jahr einen Bandscheibenvorfall zugezogen. Ich werde tatsächlich alt! Wer hätte das gedacht! Die Bandscheibe macht mir seit Monaten manchmal mehr, manchmal weniger Probleme. Da sie auf den Ischiasnerv in meinem linken Bein drückt hat das teilweise üble Schmerzen zur Folge. Nachdem ich anfangs zurück auf dem Schiff grosse Fortschritte gemacht habe, laboriere ich im Moment wieder an den Schmerzen herum. Manchmal schlafe ich besser, manchmal gar nicht. Im Moment muss ich alle paar Stunden aufstehen und wenn die Schmerzen zu gross werden sogar mitten in der Nacht das Dock auf und ab spazieren.

Mexiko schlägt mal wieder zu

Das trifft sich insofern gar nicht schlecht, weil im Moment ein paar Diebstähle stattgefunden haben. Das Muelle El Mero wird nachts von Fischern und anderen Gestalten aufgesucht und es sind diverse Sachen verschwunden. Nicht weiter hilfreich sind die Nachtwächter. Ich habe während meinen nächtlichen Stretching-Sessions noch kein einziges Mal einen Nachtwächter eine Runde drehen sehen oder überhaupt einen Nachtwächter gesehen. Naja, was will man auch erwarten, wenn das Dock beinahe gratis ist.

Aber die Segler schlagen zurück

Somit müssen es die Segler wieder einmal selbst in die Hand nehmen und wir organisieren uns seit neustem für nächtliche Wachen. Jeder der mitmachen will, muss eine Stunde ran. Pati und ich sind auch mit von der Partie. Besonders für mich macht das sowieso keinen grossen Unterschied, da ich wegen meinem Rücken sowieso mehr schlecht als recht schlafe.

Nächtliche Runden

Schlafen wie auf Wolken

Apropos Schlafen: Ein weiteres wichtiges Upgrade hat in unserer Schlaf-Situation stattgefunden. Wir haben uns von der Firma Froli ein Rostsystem und eine neue Matratze aus den USA zugelegt. Unsere alte Matratze war uralt und meiner Meinung nach einer der Hauptgründe dafür, dass sich mein Bandscheiben-Problem überhaupt so krass bemerkbar macht. Jedes Mal, wenn wir bemerkt haben, dass die Matratze wieder ein Stück unbequemer geworden ist, haben sich unsere Rücken ebenfalls gemeldet. Nach ein paar Tagen ging es mir bereits besser. Ich bin froh sind wir unsere alte Schlafunterlage endlich los. Die ersten paar Nächte waren definitiv sehr, sehr angenehm.

So ziehen die Tage ins Land und wir sind voll uns ganz wieder in Mexiko angekommen. Es gibt immer etwas zu basteln, upzugraden, es zischen immer wieder irgendwo die Bierdosen. Es kommt gut, aber wir freuen uns darauf, wenn wir Anfang nächsten Jahres endlich wieder losziehen können! Der ferne Süden ruft!

Willst du uns auf unserer Reise und für den Blog unterstützen? Wenn du magst kannst du uns ein Bier spendieren, in dem du unten auf den Button klickst, oder ein monatlicher Unterstützer wirst auf Patreonwerden wenn du willst. Vielen Dank!

Hier weiterlesen


Schreibe einen Kommentar