Teamwork ist die Lösung

Wir mussten den schönen Ankerplatz in San Juanico wegen unangenehmer Bedingungen verlassen, also segelten wir nach Norden, um Marga auf Dogfish zu treffen. Sie ankerte in der Coyote Bay, einem wunderschönen Ort in der Bahia Conception. Wir blieben dort etwas mehr als eine Woche und kämpften mit der Hitze und Bootsprojekten. Aber wir hatten auch die Gelegenheit, die Baja mit dem Auto zu erkunden.

Wir hatten eigentlich geplant, ein bisschen länger in San Juanico zu bleiben. Doch nach nur einer Nacht in der Nordbucht lichteten wir bei Sonnenaufgang den Anker und sagten Bye Bye. Die Nacht war nämlich wie erwartet ziemlich ungemütlich. Wellen und Wind kamen nicht aus der gleichen Richtung, was dazu führte, dass das Schiff ununterbrochen von einer Seite auf die andere schaukelte. Während man zu schlafen versuchte, wurde der Körper hin und hergeschoben. Eigentlich noch eine interessante Erfahrung, da es sich anfühlte, als würde die Haut an Ort und Stelle bleiben und sich nur alles innen drin bewegen. Dazu kam das klappernde Geschirr in den Kästchen und alle anderen nervigen Geräusche. Wir wären wirklich gerne noch länger geblieben, denn wir hatten noch lange nicht alles erkundet. Doch wir wollten uns weitere solche Nächte nicht antun.

Nebelsuppe

Mit einem Kaffee in der Hand motorten (eben nicht segelten) wir Richtung Norden. Da wir nicht den besten Tag für diese rund 10-stündige Fahrt nach Santo Domingo auswählen konnten (weil wir ja flüchten mussten), konnten wir leider erst gegen Mittag segelbaren Wind erwarten. Deshalb glitten wir unter Motor durch ein sonderbares frühmorgendliches Etwas, das wir schon lange nicht mehr erlebt hatten. Nebel. Wir stellten unser Funkgerät rasch auf AIS um, weil uns noch ein kleines Gerät fehlt, das uns erlaubt, Funkgerät und AIS gleichzeitig laufen zu lassen. Und auch den Radar nahmen wir in Betrieb. Wir wollten schliesslich mit niemandem zusammenstossen.

Windsteueranlage

Wir genossen die kühle, frische Luft in unseren Lungen und die kühlen Tröpchen auf unserer Haut. Diese Nebelsuppe bescherte uns auch ein interessantes Naturphänomen: den Nebelbogen, eine Sonderform des Regenbogens. Dieser weisse Regenbogen spannte sich einmal über den Horizont. Nach ein bisschen mehr als der Hälfte des Trips konnten wir endlich unser Genua (unser Vorsegel) hissen und vor dem Wind gemütlich die Küste hinauf segeln. Dabei liessen wir unser Windsteueranlage die Arbeit am Steuer übernehmen. Da Winde oft um ein Kap herumwinden, mussten wir auf der Zielkurve in die Ankerbucht nicht einmal die Segelstellung anpassen. Denn der Wind hat genauso um das Kap vor der Bucht gedreht, dass unsere Windsteueranlage uns einfach rundherum gesteuert hat.

Wiedersehen in Coyote Bay

Wir blieben nur eine Nacht in Santo Domingo und segelten am nächsten Morgen in die Bahia Conception rein. Im Coyote Bay war nämlich Marga mit Dogfish, unserem Schwesterschiff vor Anker. Es war toll, uns nach 4 Monaten endlich wieder zu treffen, und erst noch auf dem Wasser. Das musste natürlich direkt mit Margaritas und Tacos gefeiert werden. Grandios war auch, dass wir die einzigen zwei Schiffe in der Ankerbucht waren. Weniger grandios waren die Temperaturen um die 40°C (die Auswirkungen davon sollten wir später noch spüren) und der Highway, auf dem die 40-Tönner mit der Motorenbremse die etwas abfallende Strasse runter brummten, und das 24 Stunden lang.

Pest oder Cholera

Wir wollten eigentlich weiter unsere To-Do-Liste abarbeiten, doch die Hitze machte uns träge und raubte uns nachts den Schlaf. Wir hatten Ventilatoren installiert, die uns Abkühlung verschaffen sollten, doch sie machen Lärm und ständig angewindet zu werden stört irgendwie auch. David gab es schliesslich auf, unter Deck in der Hitze schlafen zu wollen. Im Cockpit war es dann zwar nachts kühler, aber dafür tauschte er den Ventilatorenlärm gegen den Lastwagenlärm. Er hatte die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Wenn dann nachts mal ein Lüftchen da war, gab es das sonderbare Phänomen, dass es nur auf meiner Seite zu spüren waren. Weshalb haben wir bis heute nicht herausgefunden. Aber deshalb konnte ich vermutlich ein bisschen besser schlafen. Und der Vorteil dieser Temperaturen war definitiv die Wassertemperatur. In San Juanico ein paar Tage zuvor hatten wir noch Gehirnfrost beim Schnorcheln, und hier konnten wir bei 32°C Wassertemperatur bädelen und uns immer noch (ein bisschen) abkühlen.

Auto stöpple

Marga mietete für eine bevorstehende Schiffsinspektion ein Auto und musste es im rund 100 km entfernten Loreto abholen. Es gab im Prinzip drei Optionen, um ohne Auto dorthin zu kommen: ein Taxi nehmen, den Bus nehmen oder Auto stoppen. Ersteres ist sehr teuer und zweiteres ziemlich mühsam, da Coyote Bay keine offizielle Haltestelle ist. Also versuchten wir das Dritte. Samstagmorgen um 8 stellten wir uns mit einem Schild an die Strasse. Auto um Auto fuhr an uns vorbei, und niemand nahm uns mit. Das lag nicht daran, dass wir ungeheuerlich aussahen – obwohl ich natürlich meine pinken Crocs trug – sondern daran, dass (fast) alle Autos vollgepackt waren, mit Menschen oder Dingen. Nicht wie bei uns in der Schweiz, wo pro Auto nur ein Hintern drinsitzt.

Wir haben Erfolg

Nach einer gefühlten Ewigkeit (also nach 1.5 h) hielt endlich ein Wagen mit zwei Damen. Sie waren auf dem Weg nach La Paz und hatten noch Platz für drei Vagabunden auf dem Rücksitz. David nahm kurzerhand die fette Steppdecke auf den Schoss und hatte so einen zusätzlichen Airbag. Den konnte er auch gebrauchen. Nicht weil die Dame nicht Auto fahren konnte, sondern weil die Strasse generell eher gefährlich war. Unübersichtlich, schmal, Tiere am Fahrbahnrand und die halsbrecherische Fahrweise von gewissen Verkehrsteilnehmern. Es gibt auf dieser Strasse immer wieder tödliche Unfälle. So hat sich nur wenige Tage zuvor ein Van überschlagen, der die Hauptdarsteller einer Serie vom Filmset in der Nähe zum Flughafen bringen wollte. Zwei von ihnen haben den Unfall nicht überlebt.

Ersatzteil

Wir haben aber die Fahrt unbeschadet überstanden und konnten den Mietwagen in Loreto in Empfang nehmen. Und wir nutzen auch gleich die Gelegenheit, ein wichtiges Ersatzteil zu besorgen. Wenige Tage zuvor ist nämlich etwas Blödes passiert. Ich sass gemütlich mit einem Buch und Kaffee im Cockpit und plötzlich knallte es am Heck des Schiffes. Der Gasschlauch zwischen Flasche und Regulator war geborsten. Ich konnte die Flasche rasch zudrehen und da sich alles draussen befindet, bestand auch keine Gefahr. Doch ohne diesen Schlauch gibt's keinen Kaffee. Nicht gut.

Der geplatzte Propangasschlauch

Teamwork

Zum Glück war Marga mit uns in der Bucht. Aber: Als wir noch am selben Abend Burger auf Margas Grill anbrieten, verlor dieser plötzlich an Hitze. Das Gas war leer. Aber die Ersatzflasche war auch leer. So holten wir kurzerhand unsere Gasflasche und schlossen sie bei Marga an. Im Teamwork funktioniert halt alles. Marga half uns auch mit heissem Wasser für den Kaffee am Morgen aus. Und wir liessen während unserer gasfreien Zeit die nette Kaffeekränzchen Tradition aus Ensenada wieder aufleben.

Item, wir fanden in Loreto einen Schlauch, leider nicht den, den wir wollten, aber einen. Besser als keinen. Danach fuhren wir zurück zu unseren Schiffen, luden unsere Gasflaschen ein und fuhren nach Mulège. Dort genossen wir ein Bier in der lokalen Brauerei, schlenderten durch das Städtchen und gönnten uns Tacos und Hot Dogs. Auch gaben wir unsere Gasflaschen für die Auffüllung ab und konnten diese am nächsten Tag wieder abholen. Was für eine Fahrerei.

Da Marga das Auto gleich für ein paar Tage gemietet hatte, nutzen wir auch diese Gelegenheit und machten einen Ausflug an die Pazifikseite der Baja. Unterwegs luden wir Mike und Katie von Alegría auf, die in Santa Rosalia in der Marina waren. Danach stoppten wir in der Oasenstadt San Ignacio für das Mittagessen und besichtigten die 1786 gebaute Missionskirche San Ignacio Kadakaamán. Wir genossen die milden Temperaturen und den Schatten der grossen Bäume, die den Dorfplatz säumten.

Pazifische Brise

Eine Stunde später befanden wir uns in Punta Abreojos. Die atlantische Brise sorgt dort für gemässigte Temperaturen. Lustigerweise empfanden wir die dort vorherrschenden 25°C als fast schon kühl. Auch das genossen wir sehr. Auf der Suche nach einem Klo wurden wir in der Fischfabrik fündig. Sie war zwar sonntags geschlossen, aber der Wächter liess uns trotzdem rein. Das ist Mexiko. Wir versuchten die Möwen, die darin herumlungerten und alles vollschissen, zu ignorieren. Doch wir haben trotzdem ein bisschen umgesehen. Diese Gelegenheit hat man nicht alle Tage.

Tacos im Wohnzimmer

Bevor wir uns wieder auf den Rückweg machten, suchten wir das Städtchen nach Tacos ab. Nach ein bisschen rumfragen wurden wir zu einem Haus geschickt. Draussen war eine Frau mit Wäsche aufhängen beschäftigt. Als wir uns suchend umschauten, öffnete sie uns eine Tür und meinte, sie habe offen. Als wir eintraten, befanden wir uns wahrscheinlich in ihrem Wohnschlafzimmer. In der einen Hälfte befand sich ein Fernseher mit einem Sofa, das offensichtlich auch als Bett diente. Und in der anderen Hälfte befand sich eine grosse, gut ausgestattete Küche und zwei Plastiktische. Die Frau fing sofort an, allerlei Gemüse zu rüsten und Sossen herzustellen, die sie uns nach und nach auf den Tisch stellte. Auch das Fleisch bereitete sie frisch für uns zu. Meine „La Gringa“ Tacos (Schweinefleisch mit Ananasstückchen und Käse) waren sehr lecker!

Milagros will Aufmerksamkeit

Nach all den Ausflügen melde sich dann aber Milagros wieder und forderte Aufmerksamkeit. Wir mussten ja unsere Takelage noch richtig einstellen. Widerwillig widmeten wir uns dieser Notwendigkeit und spannten die Stahlseile mehr. David musste dafür einige Male auf den Mast rauf. Ich erspare euch aber an dieser Stelle die Details. Das Ergebnis zählt: Jetzt ist alles richtig eingestellt. Wir durften uns auch noch zwei ungeplanten Projekten widmen. Denn eines Morgens funktionierte der Inverter nicht mehr, als ich Starlink starten wollte. Unser 150 Watt Gerät hatte einfach den Geist aufgegeben. Leider waren wir wegen einem Wackelkontakt am Stecker schon von unserem 500 Watt Inverter auf den kleineren umgestiegen. Nun mussten wir unseren Lösungsfindungsmodus aktivieren, da wir keinen passenden neuen Stecker zur Hand hatten. Nach 30 Minuten hatten wir aber wieder Internet. Denn Stecker haben wir umgangen, indem wir den Inverter direkt verkabelt hatten.

Verpestetes Wasser

Auch mussten wir unseren Wassertank komplett leeren (zum Glück war er fast leer) und innen reinigen, da wir aus Versehen beim Start des Wassermachers den Hahn schon auf „Tank“ hatten statt auf „Probe“. Im Salzwasser leben unzählige Mikroorganismen. Wenn dieses Wasser für nur einen halben Tag in einem Schlauch steht, sterben diese Lebewesen ab und es fängt an, nach faulen Eiern zu stinken. Wenn man dieses Wasser dann durch die Membran des Wassermachers presst, ist zwar das Salz weg, doch der Gestank bleibt. Deshalb müssen die ersten Liter nach dem Starten des Wassermachers direkt über Bord. Weil wir dieses stinkige Grauselwasser direkt in unseren Tank geleitet hatten, haben wir das ganze restliche Wasser darin verpestet. Deshalb die Reinigung. Bei 40° C.

Energiebilanz

Nach acht Tagen waren wir dann wieder bereit weiterzuziehen. Nicht nur wir hatten genug von der Hitze, sondern auch unsere Batterien. Die Kühlschränke liefen öfters, wir verbrauchten wegen dem online arbeiten generell mehr Strom und wir hatten ein paar bewölkte Tage. In der Kombination führte dies dazu, dass wir es teilweise nicht schafften, die Batterien bis am Abend vollzuladen. Das bedeutete mehrere Dinge: unsere Energiebilanz war aus dem Gleichgewicht geraten und unsere Batterien zeigten eventuell die ersten Alterserscheinungen. Vielleicht werden wir uns im Herbst mit einem Stromprojekt auseinandersetzen müssen.

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