Wir machen einen Wochenendausflug zu den beiden Inseln nördlich von La Paz und finden uns wieder zwischen Himmel und Hölle.
Um dem Lagerkoller zu entkommen, haben wir unser schwimmendes Zuhause bereit gemacht, um aus La Paz zu verschwinden und haben an einem Freitagmittag nach der Arbeit den Anker raufgeholt. Da gabs schon mal die erste Überraschung: Die Ankerkette hatte sich einmal um den Anker gewickelt. Wir wissen nicht, wie lange das schon so war. Es muss entweder direkt beim Anker lichten oder irgendwann während dem La Paz Walzer passiert sein. Wir hatten grosses Glück, dass unser Anker trotzdem hielt und nicht bei einer Drehung der Strömung ausgerissen ist. Wir haben aber immer einen Ankertrack und einen Ankeralarm am Laufen, damit wir überwachen können, ob Milagros auch noch dort ist, wo sie hingehört.
Gefährliche Ankersituation
Während also David uns aus dem Ankerkanal hinausmanövrierte – bei Wassertiefen, bei denen uns zeitweise noch 2 m Wasser unter dem Kiel blieben – kümmerte ich mich am Bug um den Anker. Denn mit der herumgewickelten Kette konnten wir ihn nicht komplett hochziehen. Mit zwei Leinen hängte ich den Anker auf und konnte so die Kette lösen. Die Schwierigkeit war sicherzustellen, dass der Anker nicht die Farbe vorne am Bug beschädigte, denn durch die Bewegungen des Schiffes und Wellen baumelte der 30 kg Koloss hin und her. Doch die Aktion gelang und wir konnten den Anker hochziehen. Ich fabrizierte jedoch noch ein Ankerkettenchaos, das sich verkantete, doch mit einem kräftigen Hammerschlag war auch das gelöst.
Caleta Partida
Unser Ziel war die Caleta Partida, die sich auf der Westseite zwischen der Isla Espiritu Santo und der Isla Partida befindet und gut gegen den vorhergesagten nächtlichen Südwestwind geschützt sein sollte. Diese Art von Wind wird “Corumuel” genannt und ist ein Frühlings-/Sommerphänomen rund um La Paz. Mit seinen durchschnittlich 15 Knoten (rund 30 km/h) macht er hier den Seglern das Leben schwer, denn die meisten Ankerbuchten sind in diese Himmelsrichtung offen. Dann bilden sich rund 1 m hohe Wellen, die zusammen mit dem Wind das Schiff am Anker hin- und her werfen. Es gibt auf der Nord- und Ostseite zwar auch Ankerbuchten, aber manchmal muss zwischen Pest und Cholera gewählt werden, denn zurzeit herrscht tagsüber noch Nordwind. Aber was will man machen?
Kitschige Kulisse
6 Stunden und 27 Seemeilen später ankerten wir neben ein paar anderen Schiffen im Paradies. Nach dem obligaten Ankerbier pumpten wir unser Kajak auf und erkundeten den Strand. Da wir uns zwischen zwei Inseln befanden, verlief durch den Strand eine Art Kanal, durch den man auf dem Wasserweg auf die andere Seite gelangen konnte – aber nur mit einem kleinen Boot ohne grossen Tiefgang. Am Strand befand sich auch eine kleine Fischerbasis. Die Fischer waren vermutlich sowas wie Wochenaufenthalter dort. Abend ging die Sonne flammend rot über dem Meer unter und Delfine jagten im Vordergrund, richtig kitschig.
Wir wechseln die Bucht
Die Nacht vor Anker war ziemlich angenehm, der Schutz gegen den Corumuel musste funktioniert haben. Am nächsten Tag wollten wir die Ankerbucht wechseln und unser Glück in der 5 Seemeilen entfernten Ensenada Grande versuchen. Diese Bucht sollte auch ganz ok geschützt sein. Es waren 5 verdammt ungemütliche Seemeilen, denn die See war rau vom nächtlichen Wind, und es hatte noch 15 Knoten Westwind. Und dann die Enttäuschung: Die Ankerbucht war schon voll mit grossen Motorbooten. Also mussten wir wieder umkehren, und einen Umweg fahren, damit wir die Wellen nicht genau von der Seite hatten. Und natürlich hatten wir nun auch noch die Strömung gegen uns, was die Ungemütlichkeit noch weiter verlängerte. Wir bereuten mittlerweile unsere Entscheidung, die Caleta Partida verlassen zu haben.
El Cardonal
Doch wir fanden eine wunderschöne leere Ankerbucht (Ensenada El Cardonal) und fanden uns erneut im Paradies wieder, eines das wir nun für uns allein hatten. Kaum hatten wir geankert stellte auch der Wind ab, und wir ruderten mit einem Picknick an Land. Abends konnten wir wieder unzählige Delfine mit ihren Babys beobachten. Die Kleinen sind sooooo niedlich, wenn sie and die Oberfläche kommen, um Luft zu holen. Kurz vor Sonnenuntergang gesellte sich “leider” noch ein anderes Schiff neben uns. Doch die Ruhe täuschte.
Um etwa 10 Uhr abends drehte der Corumuel auf und es wurde einfach nur noch unerträglich. Das Schiff schwang hin- und her, schaukelte nach links und rechts und wippte hoch und runter. Überall knarzte und knorzte es und wir fühlten uns wie auf einer Achterbahn. Wir beide taten kaum ein Auge zu und warteten einfach nur darauf, dass es hell wurde und wir endlich verschwinden konnten. Total kaputt lichteten wir bei der ersten Gelegenheit den Anker und segelten zurück zum ersten Ort.
Wir sind enttäuscht
Wir wollten eigentlich nur noch schlafen, doch wir entschieden uns für eine kleine Kajak- und Schnorcheltour, wenn wir schon mal da waren. Und schlafen können wir in der Nacht – dachten wir. Leider war das Schnorcheln etwas enttäuschend, wieder einmal. Es muss mal voll mit Fischen gewesen sein. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es dort in 10 Jahren aussehen wird. Der Mensch hört wohl erst auf, wenn alles zerstört ist. Wenigstens hatten wir ein bisschen Bewegung...
Es wird nicht besser
Die Ankerbucht war diesmal ziemlich voll mit Schiffen, deshalb liessen sich die Delfine nicht mehr blicken. Dafür klopfte jemand anders an: der Corumuel. Denn der Windwinkel hatte sich leicht geändert und unser Ankerplatz (praktisch an der gleichen Stelle wie zwei Nächte zuvor) war nicht mehr gut geschützt. Anstatt einer ruhigen Nacht erlebten wir wieder den gleichen Sch@#$%, nur mit dem Unterschied, dass mehr Schiffe dort waren. Und mehr Schiffe bedeuten mehr Anker, die ausreissen können. In solchen Momenten verfluchen wir uns selbst, dass wir unsere gemütliche Wohnung gegen sowas eingetauscht haben. Manchmal fragen wir uns, wie viele Jahre wir mit diesem Lebensstil in dieser Zeit zusätzlich altern... Wieder konnten wir nichts tun ausser warten, bis die Nacht endlich vorbei war.
Wir sind Hans
Wir waren zwei Hanse im Schneckenloch. Als wir in La Paz waren, wollten wir weg. Und als wir weg waren, wünschten wir uns wieder zurück. Unser kleiner Wochenendausflug war nicht wirklich so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Aber wir hatten nun den Corumuel kennengelernt und waren um eine Erfahrung reicher. Wenigstens hatten wir zum Abschluss ein paar Stunden netten Wind und konnten ein bisschen segeln.
Zeit zu tanken
Wieder zurück in La Paz, wo wir erneut nur ein paar Tage bleiben würden, mussten wir uns ums Tanken kümmern. Wir notieren in unserem Logbuch jeweils die Motorenstunden, wenn wir den Motor abstellen. So wissen wir immer, wie lange der Motor lief und wir können den Verbrauch und damit den erwarteten Tankstand berechnen. Gemäss diesen Berechnungen musste in beiden Tanks rund 15 Gallonen (rund 60 l) nachfüllen. Wir packten unsere Kanister ins Dinghy, denn selbst an der Tankstelle Diesel holen ist etwa 20% günstiger.
Aussenborderstreik und Tacos
Auf dem Weg streikte dann aber plötzlich unser Aussenborder. Rudernd kamen wir wegen der Strömung leider auch nicht wirklich ans Ziel. Zum Glück kamen uns Hazel und Paul von SV Susimi entgegen und sie schleppten uns ab. Paul half uns auch direkt bei der Problemsuche. Es stellte sich heraus, dass dem Motor lediglich Benzin fehlte. Wir hatten das zwar draussen als erstes auch vermutet, doch wir kriegten ihn nicht zum Laufen. Gemeinsam mit Paul und Hazel gönnten wir uns danach Tacos.
Geringer Verbrauch
Beim Tanknachfüllen später erlebten wir eine Überraschung. Der eine Tank war nach 10 Gallonen schon voll, der zweite nach 3.5 Gallonen. Das waren rund 33% und 75% weniger als erwartet. Wir rechneten mit 2.5 l/h. Doch auch wenn ich die Standgaszeiten abzog, lag der Durchschnittsverbrauch beim einen Tank bei 1.9 l/h und beim anderen Tank bei 0.9 l/h. Die neue Einspritzpumpe schien einen positiven Einfluss auf den Verbrauch zu haben. Doch wir werden weiterhin mit 2.5 l/h rechnen, um auf der sicheren Seite zu sein. Wir fahren üblicherweise mit 1200 U/min und erreichen so 5 Knoten Geschwindigkeit bei nicht allzu störendem Motorenlärm, was für uns perfekt ist.
Optimale Drehzahl
Wir wissen aber nicht genau, wo die optimale Drehzahl liegt – es ist gut möglich, dass sie etwas höher liegt. Da aber verschiedene Variablen wie z.B. Wind und Strömung den Verbrauch beeinflussen, müssten wir ziemlich genaue Aufzeichnungen führen, um es herauszufinden. Wir werden mal versuchen, etwas mit der Drehzahl zu experimentieren.
Ein Abschiedsgeschenk
Für das Osterwochenende planten wir wieder einen Ausflug zur Isla Espiritu Santo, denn unsere Seglerfreunde auf SV Alegria und SV Cavu sind vom Festland in die Baja zurückgekehrt und wir wollten sie dort treffen. Doch bevor es so weit war, liess uns La Paz noch eine nicht so nette Erinnerung zurück. Als wir vom Einkaufen zurückkamen, sahen wir, dass unser Ankerstropp ausgehängt war. Da gerade Wind gegen Strömung herrschte, schob der Wind das Schiff über unsere Ankerkette. Dabei fiel der Ankerstropp raus und die Ankerkette hinterliess Kratzer in unserem neuen Anstrich!!! Unser Ankerstropp wurde sofort in den Ruhestand geschickt und wir improvisierten einen neuen Ankerstropp aus zwei Dockleinen mit je einem Stopperstek (einem Knoten) um die Ankerkette. Erneut freuten uns darauf, La Paz zu verlassen.
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