Wir sind zurück bei Milagros in Mexiko und wecken sie aus ihrem Sommerschlaf auf. Claudia, eine Freundin aus der Schweiz, kommt zu Besuch und hilft uns dabei. Wir rechnen aus Erfahrung bei allen anstehenden Arbeiten mit dem Schlimmsten. Ob unsere Befürchtungen wohl eintreffen?

Vor unserer Abreise aus der Schweiz wurde es kurz noch etwas hektisch. Der Ursprung davon lang in einem Rückenleiden, das David schon seit geraumer Zeit plagte. Es war zeitenweise so schlimm, dass der kaum mehr gehen konnte. Ein MRI brachte dann Licht ins Dunkel: eine zerplatze Bandscheibe drückte auf den Ischiasnerv. Somit war eine Zeitlang unklar, ob wir im November wieder nach Mexiko zu Milagros fliegen konnten. Ein Termin bei einem Spinalchirurgen (ein Segler) und bei einem Schmerzspezialisten (ebenfalls ein Segler) zwei Wochen vor Abflug sowie ein Physiotherapieregime liessen aber David zum Entschluss kommen, dass der Segelreise nichts im Weg stand.
Wir sind wieder in Mexiko
Die 29-stündige Reise nach Mexiko verlief mehr oder weniger ereignislos. Aussergewöhnlich war nur, dass wir nach unserer Ankunft in Hermosillo von irgendwelchen Beamten angehalten wurden, die unsere Pässe sehen wollten. Danach wurden wir in einen separaten Wartebereich eskortiert, wo wir unsere Handys abgeben mussten. Doch nach kurzem Check von unseren Pässen oder so (wir wussten nicht, was genau vor sich ging), liessen sie uns wieder gehen.
Etwas fehlt
Als wir unser Gepäck abholen wollten, war nur eine der beiden Taschen angekommen. Ein freundlicher Herr verwies uns an einen weiteren Herrn, bei dem wir eine Verlustmeldung deponieren konnten. Gemäss Computersystem befand sich unser Gepäckstück noch in Europa und würde einfach einen Tag später ankommen. Darum konnten wir uns dann kümmern.
Fast geschafft
Als wir ein paar Stunden später im Büro der Marina Seca in San Carlos standen, schaute man uns mit grossen Augen an. Man hatte unsere Rückkehr erst eine Woche später erwartet. Witzigerweise waren wir gar nicht überrascht – wir hatten das irgendwie erwartet. Man versprach uns aber, dass Milagros 2h später für uns bereit sein würde. Also spazierten wir zum Hafen und genossen unser erstes Bier in Mexiko. Just in dem Moment, als wir wieder beim Boatyard ankamen, sahen wir Milagros auf dem Anhänger vorbeifahren. Und ein Mensch, der uns ziemlich bekannt vorkam, folgte dem Schiff uns zeigte darauf. Es war Ron von Mar de Luz, den wir im Juni auf offener See auf dem Weg nach Santa Rosalia kennengelernt hatten.

Was uns wohl erwartet?
Wir besorgten uns am Eingang eine Leiter und liefen etwas nervös zu Milagros. Was uns wohl erwarten würde? Tote Batterien? Ratten oder sonstige Ungeziefer? Rostlöcher in den Dieseltanks? Wasserschäden vom Hurricane bei etwaigen Lecks? Wir entfernten alle Abdeckungen, öffneten das Schiff und sogen einmal tief Luft ein. Es roch genauso, wie es sollte – nach Milagros. Kein Schimmel, kein Verwesungsgeruch, kein Diesel – nichts. Erleichtert öffneten wir rasch ein paar Bodenbretter. Kein Wasser, kein Rattenkot, keine toten Kakerlaken – nichts. Noch kurz die Batterieladung gecheckt, die war auch in Ordnung. In ein paar Gewürzen fanden wir ein paar tote Rüsselkäfer, was hier in Mexiko nicht unüblich ist. Alles in allem also keine bösen Überraschungen!


Es wackelt
Der Jetlag war zu Beginn etwas nervig – um 3 Uhr morgens hellwach zu sein, wenn die Sonne erst um 6 Uhr aufgeht. Am zweiten Morgen stand ich so gegen 4 Uhr kurz auf, um vorne ein Ladekabel zu holen. Plötzlich wackelte das Boot für ein paar Sekunden. Als David aufwachte, fragte er mich, was ich denn vorne im Schiff gemacht hätte, dass es so wackelte. Ich dachte jedoch, er hätte irgendwas hinten im Schiff gemacht. Es stellte sich aber heraus, dass es ein Erdbeben der Stärke 6 war und somit das erste Erdbeben, das ich bewusst erlebt habe.
Es ist mal wieder nicht einfach
Wir lebten uns schnell wieder ein und es fühlte sich alles sehr schnell wieder sehr vertraut an. Nun konnten wir mit dem Aufwecken und Vorbereiten beginnen. Wir hatten ein paar Dinge, die unbedingt auf dem Trockendock erledigt werden mussten, wie das Ersetzen eines Borddurchlassventils für die Klospülung. Als wir dieses Projekt starten wollten, hatten wir kurz schon die erste Krise. Wir hatten das vermeintlich richtige neue Kunstoffventil schon vor einem Jahr bestellt (welches gemäss Klohersteller benötigt wird). Nur hatten wir die Rechnung ohne die Person gemacht, die das aktuelle Ventil aus Bronze in der Vergangenheit eine Nummer grösser als nötig installiert hatte. Dementsprechend war das Loch in unserer Hülle zu gross für das neue Ventil. Was für ein Scheiss.



Einfach?
Wir hatten aber noch Ersatzteile für das Bronzeventil an Bord, so entschlossen wir uns kurzerhand dafür, „einfach“ den defekten Hahn statt die ganze Einheit auszutauschen. Das konnte gut gehen, oder auch nicht, aber wir versuchten es einfach. Mit grossem Werkzeug bewaffnet rückten wir dem alten Ventil auf die Pelle, und wohl aus Furcht gab es sofort nach. Und wir waren erstaunt. Es hat „einfach“ funktioniert. Wir hatten uns wieder mal unnötigerweise Sorgen auf Vorrat gemacht. Dass man sich eigentlich keine Sorgen auf Vorrat machen sollte haben wir Zuhause von Marianne gelernt – einen lieben Gruss an dieser Stelle! Das neue Ventil hatten wir dann im Null Komma Nix draufgeschraubt. Fertig.
Freibord ausbessern
Ein weiteres Projekt war die Erhöhung der Wasserlinie. Aktuell sass Milagros zwar nicht mit dem weissen Lack im Wasser, doch manchmal schwappte mit Wellen gelblich brauner Schleim an der Hülle hoch, was nicht nett aussah. Wir engagierten den Maler Alejandro, der schon bei Iñaki und Carmens Schiff das Freibord gesprayt hatte, um mit schwarzem Lack einen ca. 8 cm breiten Streifen an der Wasserlinie aufzusprayen. Ausserdem flickte er ein paar Kratzer im Lack, die unsere Ankerkette in La Paz hinterlassen hatte. Einige Arbeiter auf dem Boatyard belächelten uns dafür, dass wir das reparieren liessen. Aber für uns steckte so viel Arbeit in diesem Anstrich – der musste einfach perfekt sein.

Claudia kommt
Wenige Tage nach unserer Ankunft kam auch Claudia nach 5 Wochen Reisen in den USA und Mexiko in Hermosillo an. Wir holten sie und unsere verspätete Tasche mit Bus und Taxi dort ab. Sie wollte uns während 3 Wochen besuchen und wir hatten mit ihr schon Erwartungsmanagement betrieben: die Möglichkeit bestand, dass wir die ganzen 3 Wochen auf dem Boatyard verbringen würden. Aber sie kam trotzdem. Wir freuten uns sehr darauf, mit ihr das Leben auf Milagros zu teilen.

Ein kleiner Fauxpas
Als wir am Flughafen in Hermosillo unser Gepäckstück abgeholt hatten und es öffneten, um alles kurz zu checken, war alles von einer Art sandigen Staubschicht bedeckt. Die Webcam, die Schoggi, alle Kleider, alles. Es stellte sich heraus, dass unser 1 kg Herbamare Nachfüllpack explodiert war. Die ganzen 18 kg Kleider und Equipment waren nun gewürzt und garniert. Na toll! Zurück auf dem Boatyard wurde schnell alles so entwürzt und wenn möglich direkt zur Lavanderia gebracht.


Wir bereiten Milagros vor
In den darauffolgenden Tagen kümmerten wir uns um weitere Projekte wie Impeller wechseln – eines dieser Projekte, das 5 Minuten dauern sollte, sich aber über Tage hinzog, da die Schrauben verhockt waren und wir deshalb die komplette Wasserpumpe ausbauen mussten. Claudia kümmerte sich darum, dass alle unsere ausgefransten Leinen wieder nette Abschlüsse hatten und baute im Cockpit eine zusätzlich Klappe ein. Für unsere neue Matratze fertigten wir aus einer Plache eine Vorlage an, um sie dem Hersteller zu schicken, damit das neue Ding auch sicher passt.








Ein altes Trauma
Wir kümmerten uns auch um ein paar Anpassungen am Segelsack für das Grosssegel: nette Nachbarn liessen uns ihre Sailrite Nähmaschine gebrauchen. So konnten wir kurze Zeit später direkt beide Segel wieder montieren. Auch eine längst fällige Anpassung vom Reffwinkel am Baum wurde endlich umgesetzt. Ausserdem starteten wir unser Sorgenkind Burrito. Von wegen Sorgenkind - er sprang sofort an. Dennoch scheinen wir ein kleines Trauma von unseren vergangenen Motorenproblemen davongetragen zu haben. Wir starten den Motor jedes Mal mit der Erwartung, dass irgendetwas nicht funktioniert. Wie lange das wohl noch anhält?



Es windet
Wir hatten den Einwasserungstermin optimistischerweise auf den Montag rund 2 Wochen nach unserer Ankunft angesetzt. Als wir uns aber die Windverhältnisse von diesem Tag bzw. dieser Woche anschauten, waren wir nicht so happy. Es war nämlich viel Wind vorhergesagt, und den konnten wir so gar nicht gebrauchen, denn bei der Einwasserung mussten wir rückwärts in der engen Marina manövrieren. Wind von der Seite ist dann sehr ungünstig. Also setzten wir alles daran, 2 Tage früher einzuwassern.


Es wurde etwas knapp mit der zusätzlichen Schicht Antifouling am Unterwasserschiff, doch bei einer Nacht- und Nebelaktion kümmerten sich David und Claudia erfolgreich darum. Ich bereite in der Zwischenzeit eine Lasagne vor. Und 24 h später lagen wir bereits mit Milagros vor San Carlos vor Anker. Die Einwasserung lief gut: Ron von Mar de Luz half uns mit den Leinen, Burrito sprang an, alle Borddurchlässe waren dicht und Wind hatte es keinen, einzig beim Rückwärtsfahr-Manöver kam kurz Hektik auf.





Es kann losgehen
Wir waren zufrieden, dass wir innert so kurzer Zeit wieder auf dem Wasser waren. Das Leben auf dem Boatyard ist halt schon nichts im Vergleich zum Leben auf dem Wasser. Wir freuen uns nun darauf, mit Claudia loszusegeln. Wir sind gespannt, wie es ihr gefallen wird. Was wir jetzt schon sagen können, ist dass sie das von Hand abwaschen genauso blöd findet wie wir.

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