Wir führen Milagros endlich wieder einmal aus und Pati wird zur Chefgasinstallateurin auf dem Schiff. Alle kämpfen sich gemeinsam durch die notwendigen Arbeiten auf dem Schiff und wir profitieren von der einzigartigen Segelcommunity. Mit Davids Ankunft nähern wir uns in grossen Schritten der ersten grossen Segelreise unseres Abenteuers.

Ein erster Meilenstein steht an
Bei den Schiffsvorbereitungen hatten wir stets unser grosses Ziel vor Augen: die rund 1’400 Seemeilen (2’600km) lange Segelreise nach Puerto Peñasco. Um nicht ins Trödeln zu geraten, erhöhten wir künstlich den Druck und setzten 8 Tage nach meiner Ankunft einen ersten Meilenstein an: ein Probesegeln. Damit es auch offiziell war, luden wir noch Steven und Susanne dazu ein – es sollte eine nette Sonntagsausfahrt werden. Aufgrund der Komplikationen mit dem Gasschlauch und der Ankerwinsch wurde es jedoch schlussendlich eine Dienstagsausfahrt. Aber dazu später mehr.
Ohne Segel geht nichts
Für den ersten Ausflug von Milagros im 2020 fehlte noch das Essentiellste: die Segel waren noch nicht montiert. Die beste Zeit für die Segelmontage war frühmorgens, da es dann üblicherweise keinen Wind hat. So mussten Carmen und Iñaki sich zum ersten Mal seit langem einen Wecker stellen; ich hingegen hatte in dieser Woche aufgrund der Zeitdifferenz von 9h schon einige Male für Geschäftsmeetings früh aufstehen müssen.
Das Grosssegel hissen Die Segellatten montieren
Damit wir unser Vorsegel hissen konnten, musste ein Schäkel aus Dyneema gespleisst werden, denn eine Verlängerung, die hoch oben im Mast montiert war, zeigte erste Alterserscheinungen und musste ersetzt werden. Iñaki hat das netterweise übernommen und mit Hilfe einer Anleitung aus dem Internet einen sogenannten "Soft Shackle" hergestellt.
Spleissen nach Anleitung Der Spleiss wird gedehnt Der montierte Soft Shackle Das alte, ausgefranste Zwischenstück
Im Gegensatz zu bisherigen Projekten konnten wir dieses aber innerhalb eines Tages abschliessen und wurden mit leckeren Poulet Tacos bei Susanne und Steven belohnt.
Hoch hinaus
Für unser nächstes Projekt musste ich hoch hinaus: die Inspektion des Masts und der Takelage stand an. Es stand nicht zu Diskussion ob ich dort hinaufwollte. Ich musste. Auf einem Bosun-Stuhl sitzend und gut eingepackt inkl. Knieschonern, um mich vor Sonne und Verletzungen zu schützen, wurde ich von Iñaki den Mast hinaufgezogen. David von Millennium Falcon bediente dazu die zweite Sicherungsleine, die an meinem Klettergeschirr befestigt war. Meine Aufgabe war es, mit einem feuchten Lappen die Befestigungen zu säubern, um sie auf Risse und Korrosion zu untersuchen.
Die Belohnung kommt sofort
Meine Mühen wurden mit einem tollen Ausblick in den Sonnenuntergang vom 14m hohen Mast belohnt. Und soweit ich das als Laie beurteilen konnte, sahen unser Mast und die Takelage zum Glück ganz gut aus. Die anschliessende Analyse der GoPro Bilder, die ich von oben gemacht hatte, bestätigte diesen Eindruck. Nichtsdestotrotz braucht unser Mast dringend etwas Liebe – an gewissen Stellen ist bereits die Farbe abgeblättert. Darum kümmern wir uns dann nach dem Auswassern in Puerto Peñasco. Mit den gehissten Segeln und dem überprüften Mast hatten wir nun alle Voraussetzungen für das Probesegeln erfüllt.

Endlich wieder Segeln mit Milagros!
Zwei Tage nach dem ursprünglich geplanten Datum starteten wir also frühmorgens mit den Vorbereitungen für einen kleinen Tagesausflug. Als Ziel hatten wir uns die Tankstelle beim Hotel Coral ausgesucht, die rund 2 Seemeilen nördlich unserer Marina liegt. Steven, Susanne und David (von Millennium Falcon) begleiteten uns. Als wir die Marina verliessen, trafen wir auf einen netten Wind von 15 Knoten (ca. 30 km/h), welcher uns mit einer sehr guten Geschwindigkeit von 5-6 Knoten (ca. 10 km/h) fast bis zur Tankstelle brachte – den Schlussteil mussten wir unter Motor zurücklegen, da der Wind plötzlich zu stark nachliess.
Pati am Steuer ungeheuer?

Ich durfte natürlich auch mal ans Steuer, aber da wir nach wie vor keine Windanzeige hatten, mussten wir improvisieren und aus Küchenlappen Windspione herstellen.

Es war für mich gar nicht so einfach, die Windrichtung zu bestimmen und das Schiff entsprechend richtig zu steuern, damit wir unsere Fahrt nicht verlieren. Natürlich ist es trotz den Spionen passiert und ich musste den Motor zu Hilfe nehmen, um nicht stehenzubleiben. Aller Anfang ist schwer.
Eine verdiente Pause
Nach dem Auftanken von Milagros genossen wir mitgebrachte Sandwiches direkt am Dieseldock – wegen Corona war die einzige Schifftankstelle im Umkreis von über 100km nicht sonderlich gut besucht.
Milagros am Dieseldock Mittagspause am Dieseldock
Highlights und Lowlights
Das absolute Highlight des Ausflugs war, dass wir unterwegs von ein paar Delfinen eskortiert wurden. Sie schwammen vorne am Bug mit uns mit, als wir den Hafen verliessen. Das fast so grosse Highlight war, dass alles soweit in Ordnung war: die neu montierten Steuerkabel funktionierten, der gespleisste Zwischenteil hielt, die Segel waren richtig montiert und der Motor tat seinen Dienst. Und natürlich endlich das zu machen, weshalb wir alle hier sind: Segeln!
Milagros in ihrem Element Delfine schwimmen mit uns mit
Ein kleines Lowlight – aber grundsätzlich schon bekannt – war, dass das innere Vorstag schlichtweg im Weg war beim Wenden. Das Genoa (Vorsegel) verhängte sich jedes Mal und sorgte dafür, dass sich das Manöver in die Länge zog und wir jeweils an Fahrt verloren. Da unser inneres Vorstag nicht fix montiert ist, haben es Steven und Iñaki kurzerhand zu den Wanten auf die Seite verbannt.
Die Arbeit geht weiter
Obwohl Milagros grundsätzlich segelbereit war, fehlten immer noch zwei wichtige Komponenten für eine längere Überfahrt: ein funktionierender Herd und eine funktionierende Ankerwinsch. Die Arbeitsteilung funktionierte dabei sehr gut. Ich kümmerte mich um den Herd, Iñaki widmete sich der Winsch und Carmen sorgte für unser leibliches Wohl. In meinem Gasprojekt steckte viel Frustpotential, und auch ein ganz schönes Risiko. Denn ein Gasleck kann unter Umständen tödlich sein.
Ein vergoldetes Gassystem?
Obwohl das Projekt eigentlich ziemlich simpel ist – Gasschlauch demontieren, einen Neuen kaufen und wieder einziehen, Solenoid anschliessen – beschäftigte mich das Thema rund eine Woche lang täglich. Obgleich ich es irgendwann geschafft hatte, alle notwendigen Teile zu besorgen, gestaltete sich der Einbau mühsam. Erst fehlte mir das Teflontape, um die Gasarmaturen dicht zu verschliessen. Dann fehlten mir Quetschverbinder und das dazugehörige Werkzeug, um die Kabel des Solenoids zu crimpen. Dann fehlten mir die Klemmen, um den Solenoid an den Strom anzuschliessen. Gemäss dem Seifentest war schlussendlich alles dicht, aber wir verloren immer noch Gasdruck. Aaaarrrrghh.
Glossar
Quetschverbinder: Metallhülsen um zwei Kabel miteinander zu verbinden
Solenoid: ein Magnetventil, das elektromagnetisch öffnet und schliesst
Crimpen: zwei Komponenten werden durch Verformung miteinander verbunden, z.B. durch Quetschen
Seifentest: durch Aufsprühen von Seifenwasser auf Verbindungen von zwei Gasarmaturen kann auf Gaslecks getestet werden. Wenn sich Bläschen bilden, ist nicht gut. Wenn nichts passiert, ist es dicht.
Installation vom Gasschlauch Seifentest Gasarmatur mit Teflontape Crimpen der Klemmen Fertige Gasinstallation
Ist es das Ende unseres Herds?
Ich war kurz davor, unseren Herd aus dem Fenster zu werfen. Wir demontierten alles am Herd, was nicht niet- und nagelfest war und reinigten den gesamten Ofen und die Brenner. Aber es half alles nichts. So kochten wir unsere Menüs draussen auf einem Campingherd, den Steven uns aus den USA mitgebracht hatte.

Und was war mit David?
Zwei Wochen nach meiner Ankunft in Ensenada war es soweit: Wir holten David mit dem Taxi an der Busstation ab. Freudig nahmen wir ihn in Empfang. Würde er wohl diesmal direkt in die Marina reingelassen werden? Ja, wir wurden einfach durchgewinkt. Davids Koffer waren vollgepackt mit nützlichen Dingen und einigen Schweizer Goodies. Für mich gab’s ein Rivella Blau, zum Geniessen in einer netten Bucht unterwegs hatte er Raclette und Fondue mit dabei und die Schoggi vom Grosmi durfte natürlich auch nicht fehlen.
Nun waren wir zum ersten Mal alle vier gemeinsam an Bord und konnten mit den letzten Vorbereitungen für die Überführung beginnen.

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7 Comments
Susanne Ferree
Excellent blog I enjoy your information and thank you for the tutorials and glossary. This assists me as I learn sailing Well done!
Patricia
Always a pleasure Susanne!
Bruno
Super, danke vielmals für den spannenden Bericht
Patricia
Danke Bruno 😀
Agnes Ryf
Sauglatt was ihr alles schon erlebt habt. Macht weiter so aber möglichst nicht mit Unfall.
Weiterhin viel Glück.
Liebe Grüsse Grosmi
Paul Brochner
You don’t tape the threads on a flare type fitting because the seal is not at the threads. The seal is at the flare itself.
David
Ok cool, thanks for letting us know. A lot to learn…