Tja, was sollen wir sagen? Alles mal wieder gut ausgegangen. Irgendwie fühlt es sich so an als wären all die Zwischenfälle, die uns vor den Kopf geworfen werden, Teil des grossen Ganzen. Zwar mussten wir mit einem (wieder mal) defekten Motor nach Puerto Escondido abgeschleppt werden. Es könnte aber schlimmer sein. Erstens haben wir bei sportlichen Bedingungen gelernt, Milagros zu segeln, zweitens sind wir am perfekten Ort gestrandet, der alles hat, was wir brauchen.

Unsere Jungfernfahrt ist für die Ewigkeit. Erneut haben wir eine Erfahrung machen dürfen, an die wir uns bis an unser Lebensende erinnern werden. Unsere Reise mit Milagros ist mit einem Feuerwerk an Emotionen und Lektionen losgegangen. So eine Jungfernfahrt hätten wir uns nicht mal in unseren Träumen ausmalen können. Zwischendurch Chaos und Panik, dann wieder völlige Ruhe und Kontrolle, Konzentration und eine Milagros, die performt hat wie ein absoluter Champion. Keine Sekunde haben wir uns unsicher gefühlt auf unserem Schiff, auch nicht dann, wenn sie uns gesegelt hat anstatt wir sie.
Jetzt erstmal ankommen
Dass wir uns für Puerto Escondido als Ausweichhafen entschieden haben kam nicht von ungefähr. Wir wussten, dass wir hier alles haben was wir brauchen. Ein Ort, der vor allen Windrichtungen geschützt ist, andere Segler und Seglerinnen, eine gut ausgestattete Marina und mit Loreto eine kleine Stadt in der Nähe hat. Ausserdem wurde uns von diversen Quellen unabhängig voneinander derselbe Mechaniker empfohlen. Alles gute Zeichen. Zuerst mussten wir aber erstmal ankommen in Puerto Escondido. Nach einer guten Mütze Schlaf haben wir erstmal das Dinghy (unser kleines Schlauchboot) gewassert und sind an Land gefahren, um die Einrichtungen zu erkunden.

It’s a rich man’s world
Puerto Escondido (versteckter Hafen) ist einer der am besten vor Wind und Wetter geschützten Buchten. Komplett umgeben von Hügeln und Landzungen ist der Ort seit Jahrzehnten ein Zufluchtsort für Schiffe vor grobem Wetter oder gar Hurrikanen, die ein bisschen zu nahekommen. Früher eine Ankerbucht hat in den Jahren 2003/2004 die Amt für nachhaltigen Tourismus von Mexiko Puerto Escondido Bojen installiert und angefangen, Gebäude zu errichten. Wie so oft in Mexiko wurde die ganze Aktion irgendwann abgebrochen und ein anderes Konsortium hat die Ankerbucht übernommen. Mit irgendeinem dicken Portemonnaie im Hintergrund wurde eine komplette Marina hochgezogen. Eigentlich ist es schade, dass eine Ankerbucht einfach über- und eingenommen werden kann. Aber so ist das nun mal. Geld regiert die Welt.

Marina Puerto Escondido
Die Marina kann sich echt sehen lassen. Von einem kleinen, gut ausgerüsteten Supermarkt, über allerlei Angebote für Unterhalt und allerlei schiffstechnische Arbeiten, einem kleinen Restaurant und komplett ausgestatteter “Captain’s Lounge”, which one could only dream of at the Cabrales Boatyard, von der man auf dem Cabrales Boatyard nur träumen konnte, bietet die Marina Puerto Escondido, alles was das Herz begehrt. Natürlich kommt dies alles zu einem Preis. Während wir für eine Boje in der Bucht knapp 400$ bezahlen, würden in der Marina pro Monat gut und gerne 1000$ draufgehen. Eeeehm, nein danke. Aber: auch im Bojenfeld sind im Preis alle Einrichtungen inbegriffen. Das Internet ist gut, die Duschen sind ein Traum. Somit ist das Leben an der Boje ein guter Kompromiss, der uns auch nicht gleich komplett ruiniert.
Die beste Dusche seit Jahren
Die Duschen in der Marina sind für uns und viele andere Böötler das Highlight der Marina. Da können wir eigentlich nur die Bilder für sich sprechen lassen. Wir riechen nun von oben bis unten wie Blumengärten nach L’Occitane Duschgel. Neben den Duschen profitieren wir auch täglich vom Internet in der Lounge. Während Pati ihrem neuen Teilzeit-Job nachgeht habe ich beispielweise eine Homepage für unsere Freunde auf dem Katamaran «Charly» gebastelt. So können wir nicht nur Geld rausschmeissen, sondern auch einnehmen. Und Duschen. Stunden- und tagelang.
Da war doch noch was?
Endlich konnten wir das Leben auf und am Wasser geniessen. Ein ganz neues Gefühl. Wir machten Touren mit dem Dinghy, erkundeten die Umgebung auf den diversen Wanderwegen in der Umgebung oder fischten uns unser Znacht gleich selbst. Es war toll, die Batterien wieder aufzuladen. Trotzdem durften wir eins nicht vergessen: Unser Motor machte mal wieder Mätzchen. So kontaktierten wir Lauro, den lokalen Dieselmotoren-Flüsterer, und fragten, ob er mal Zeit für unseren Burrito (wir haben unseren Motor «kleiner Esel» getauft) hätte. Ein paar Tage später war er auf Milagros zu Gast und fand im Motorenraum schnell das Problem.
Im Motorenraum. Mal wieder.
Mit Burritos Dieseldruck stimmte etwas nicht, wie bereits vom anderen Mechaniker in Puerto Peñasco vermutet. Er identifizierte unsere Einspritzpumpe als Ursprungsort von unseren Motorenproblemen, baute diese kurzerhand aus und nahm sie in seine Obhut, um sie untersuchen zu lassen. Während wir dabei waren informierten wir ihn auch gleich über unsere defekte Ansaugpumpe. Auch diese wollten wir gleich ersetzen lassen. So vergingen ein paar Tage, in denen wir uns weiter um unsere Entspannung und unsere Arbeit kümmerten. Als Simon auf SV Kudra, ein ehemaliger Bewohner des Cabrales Boatyard, auch in Puerto Escondido auftauchte, machten wir uns auf, einen Canyon zu erforschen.
Ein klassisches Milagros-Abenteuer
Da es sowieso Zeit war, unseren Kühlschrank zu füllen und die Wasservorräte wieder aufzustocken (unser Wassermacher war ja noch nicht in Betrieb), mieteten wir kurzerhand ein Auto und fuhren los. Die Beschreibung für die Fahrt zum Anfang der Wanderung hörte sich ziemlich straight forward an. War sie aber nicht. Und so landeten wir kurzerhand mit unserem Mietwagen auf einer Kiesstrasse, in welcher wir fast stecken geblieben wären. Mit ein wenig schieben, schmerzhaftem Kratzen um Unterboden des Autos und ein paar Schweissausbrüchen schafften wir es aber wieder zurück. Dort hatten wir mal wieder Glück im Unglück, ganz Milagros Style.
Das lustige Wandergrüppli
Wir trafen auf ein amerikanisches Pärchen und ihren Hund, die in ihrem 4x4 Wohnmobil ebenfalls unterwegs zum Canyon waren. Kurzerhand durften wir zusteigen und so machten wir uns alle gemeinsam auf den Weg. Einem Flussbett soll man folgen, bevor man in den Canyon abbiegen muss, sagte die Wegbeschreibung. Einfacher gesagt als getan. Das Flussbett war ziemlich klar zu identifizieren, problematisch war nur dass links wie rechts allerlei kleine Abzweigungen zu finden waren. So waren wir erfolglos, den beschriebenen Canyon zu finden, hatten allerdings ein paar Stunden später trotzdem eine wunderschöne kleine Wanderung in der Wüste hinter uns. Dass unser Mietwagen nach seinem Ausflug ein bisschen (Brems-?) Flüssigkeit verlor und auch sonst ein paar komische Geräuschen von sich gab, War ja klar war ein nur ein komischer Zufall.
Erst mal Burrito reparieren
Kurz darauf erhielten wir Kunde von Lauro, dem Mechaniker. Sein Spezialist für Dieselpumpen hatte tatsächlich ein paar defekte Teile and der Einspritzpumpe gefunden, die für den niedrigen Druck verantwortlich waren. Sie musste repariert werden. Wir hatten ja sowieso keine andere Wahl, und wiederum ein, zwei Tage später war Lauro wieder bei Burrito im Motorenraum auf Milagros. Neben der Einspritzpumpe, die ausschaute wie neu, hatte er auch eine brandneue Ansaugpumpe dabei. Auch sind alle Einspritzdüsen untersucht und gewartet worden. Nachdem er alles eingebaut hatte versuchten wir, den Motor zu starten. Und siehe da: Burrito erwachte wieder aus seinem Schlaf. Dies tatsächlich mit weniger Vibrationen und einem viel besseren Sound als zuvor. Burrito is back! Ein grosses Dankeschön geht hier an Lauro von Lauro’s Diesel Services. Ein guter, kompetenter Mann der uns nicht umsonst von einigen Leuten herzlichst empfohlen wurde.
Unsere "neuen" Einspritzdüsen Und neue Ansaugpumpe Lauro der Diesel-Zauberer Und unsere aufgefrischte Einspritzpumpe
Niedrige Toleranzen
Was wir (mit Stolz) sagen können ist, dass die Probleme an der Einspritzpumpe nichts mit unserem Wechsel des Deckels der Pumpe zu tun haben. Das Problem lag tiefer. An einen Service der Einspritzpumpe eines Dieselmotors sollte man sich als Hobby-Mechaniker nur im Notfall trauen. Die Einspritzpumpe ist das Herz des Dieselsystems eines Motors und besteht aus vielen kleinen Teilen, die nur kleinste Toleranzen aufweisen. Winzige Dreckpartikel oder nur minime Abnutzungen an gewissen Teilen können den Treibstoffdruck beeinträchtigen. Lauro hat uns die «defekten» Teile mitgebracht, um uns aufzuzeigen, wie wenig es braucht, dass eine Einspritzpumpe Probleme macht. Die Verfärbungen an den Teilen auf den folgenden Bildern waren genug, um den Dieseldruck an Burrito erheblich zu beeinträchtigen.
Wieder mal auf Testfahrt
Um sicher zu gehen, dass alles so war wie es musste, nahmen wir Lauro mit auf eine weitere Testfahrt auf Milagros. Dies war mit ein bisschen Nervosität unsererseits verbunden, denn wir haben mit Milagros noch nie von einer Boje ab- und wieder angelegt. So haben wir uns noch ein bisschen in die Materie eingelesen, und an einem schönen ruhigen Morgen losgelegt. Und was sollen wir sagen: Alles gar nicht so schwierig, wie wir gedacht haben. Zumindest bei Windstille. Die Testfahrt verlief völlig ereignislos, wir drehten einfach ein paar Runden ausserhalb der Bucht und testeten Burrito zusammen mit Lauro auf Herz und Nieren. Burrito machte seinen Job gut, trotzdem hatten wir am Getriebe noch ein Ölleck, das geflickt werden musste. Keine grosse Sache, sagte Lauro, nur eine kleine Dichtung musste ausgetauscht werden.

Wir sind wieder bereit!
Gesagt, getan. Und nun sind wir wieder bereit, um loszulegen. Wir haben erneut unglaublich viel gelernt, besonders von Lauro, dem wir immer über die Schulter geguckt haben. Er war geduldig und hat uns alle Fragen beantwortet, die wir hatten. Keine Selbstverständlichkeit, verglichen mit dem Mechaniker damals in Long Beach. Nun liegt es an uns, einen Abfahrtstermin und eine Destination zu definieren. Das Ziel ist nach wie vor, La Paz anzusteuern und vielleicht sogar noch zu Iñaki und Carmen aufzuschliessen, bevor die beiden sich nach Costa Rica aufmachen. Es zieht sie nach fast zwei Jahren in Mexiko weiter nach Süden. Recht haben sie. Wir wollen aber noch nicht weiter. Die Sea of Cortez ruft und will endlich richtig erkundet werden.
Wir hatten viiieeel Zeit für Bier in den letzten Tagen! Wenn du magst, kannst du uns mit einem Klick auf den Button weiter unten ein Bier spendieren. Oder du wirst gleich ein monatlicher Supporter auf Patreon wenn du möchtest. Vielen Dank!
2 Comments
Lilly Rimondini
SO megaspannend, eindrücklich was Ihr da alles erlebt….freue mich immer auf Eure Berichte..
gerne spende ich was Kühles………….
David
Danke Lilly!