Das Abenteuer beginnt mit viel Arbeit

Wir beginnen mit den Vorbereitungen für die Bootsüberführung und erleben bereits erste Höhen und Tiefen des Bootlebens. Jeder sagt es einem und jeder Segler weiss es: Man kann nicht „einfach“ etwas erledigen – jedes gelöste Problem führt zu fünf neuen Problemen.

Milagros wartet auf uns

Das Universum meint es gut

Lustig wie das Leben manchmal spielt. Während dem Sommer hat sich ein neuer Plan formiert. Da das Ende der Umbauarbeiten und somit das Einwassern von Anila in Sicht kam, hatten Carmen und Iñaki ab Mitte September Zeit für eine kleine Segelreise mit uns.

Geplant ist (mit) Milagros zur Rocky Point Boatyard nach Puerto Peñasco ganz im Norden des Golfs von Kalifornien zu segeln. Dort wollen wir uns an all die Projekte und Upgrades machen, die für Milagros auf der Liste stehen. Diesen Trip wollten wir eigentlich schon im Mai machen, aber ihr wisst ja, Covid und so.

Dies passte hervorragend mit Davids und meinen Arbeitszeiten zusammen – er konnte ab Anfang Oktober für 8 Wochen weg – und meine Deadlines bei der Arbeit liessen ebenfalls 4 Wochen Ferien zu. Also konnten wir uns alle bei Milagros treffen, sie bereit machen und nach Puerto Peñasco bringen. Ich würde schon früher nach Mexiko fliegen und David würde Anfang Oktober nachkommen. Carmen und Iñaki reisten schon etwas früher an und machten Ferien auf unserem Schiff. Gut für mich – das Schiff war schon bewohnt und ich war nicht alleine.

Es läuft wie am Schnürchen

Mir stand also am 24. September eine 36-stündige Reise nach Mexiko bevor, welche auch eine Übernachtung am Flughafen Mexiko-City beinhaltete. Ich wollte schon immer mal ein Schlafkapsel- Hotel ausprobieren, also kam es mir sehr gelegen, dass es diese Möglichkeit direkt innerhalb des Flughafens gab. Nebst den sehr sauberen Duschen war auch das Schlafen in diesen Kapseln sehr angenehm – ich kann es nur empfehlen!

Sleeping pod im Flughafen von Mexico City
Mein Bett für die Nacht @Izzzsleep

Abgesehen davon, dass aufgrund eines Missverständnisses mit KLM meine Flüge beinahe annulliert wurden und ich – warum auch immer – meinen zweiten Koffer nur bis Mexico City anstatt bis auf Tijuana gebucht hatte, lief alles wie geschmiert. Sogar der Bus vom Flughafen Tijuana nach Ensenada fuhr just 2 Minuten, nachdem ich das Ticket gekauft hatte, los. Leider musste ich die 2h dauernde Busfahrt hungrig durchmachen – die kurze Zeit zwischen Billetkauf und Einstieg hatte einfach nicht mehr gereicht, um Snacks für mich zu kaufen. Der Gepäckmann lief bereits mit meinen Koffern los und der Busfahrer forderte mich eindringlich zum Einsteigen auf.

Willkommen in Mexiko zum Dritten

Carmen holte mich mit einem Taxi an der Busstation ab und da es gerade Mittag war, holten wir uns Shrimp und Fisch Tacos zum Mitnehmen.

Wir hatten aber nicht damit gerechnet, dass wir noch etwas mit Essen warten mussten. Guten Mutes wollte uns der Taxi-Fahrer in die Marina fahren. Er durfte aber nicht passieren – wegen mir. Mein Name stand nicht auf der Liste! Es half nicht, dass der Wächter mich vom letzten Mal erkannte oder dass ich einen Brief vom Marina-Büro dabeihatte, der meinen Zugang bestätigte. Nein, Carmen musste mit meinem Pass zum Büro gehen, mich in die Liste eintragen lassen, welche sie dann per Mail dem Wächter schickten. WILLKOMMEN IN MEXIKO!! Nach dem ersten und zweiten, waren wir nun zum dritten Mal an diesem verfluchten Tor aufgehalten worden. Gesagt, getan – die Tacos waren danach halt lätschig als wir endlich bei Milagros waren und das Essen auspacken konnten.

Ankommen in Mexiko

Nach dieser langen Reise freute ich mich danach auf etwas Bewegung – Carmen und ich gingen in die Stadt zum Einkaufen und wollten mit einem Drink auf das freudige Wiedersehen anstossen. Auf dem sogenannten «Gringo Gulch», der Touri-Strasse von Ensenada, wurden wir fündig: Eine nette Bar, deren Aussenbereich zum Bleiben einlud, und auf der gegenüberliegenden Strassenseite spielte eine Mariachi-Gruppe. Wir hatten aber leider übersehen, dass die Bar „Dick and Willy's“ hiess und deren DJ die Laustärke für sein nicht existentes Publikum aufgedreht hatte. Das war nicht sehr gemütlich.

Wir genossen wir die ersten Tage und das gute Essen: Selbstgemachte Tacos mit frischen Tortillas und frischem Fisch vom Fischmarkt oder auswärts in einem traditionell mexikanischen Restaurant namens "Guadalajara".

Ran an die Säcke

Wir waren aber nicht nur zum Spass hier: Eine Inspektion des Schiffs und die Planung der anstehenden Arbeiten musste gemacht werden. Diese liessen sich aufteilen in die Kategorien Diagnose & Reparatur sowie Vorbereitung.

Diagnose & Reparatur

  • Steuerkabel montieren
  • Motorenservice inkl. Impeller wechseln, Ölwechsel, Keilriemen austauschen
  • Gassystem überprüfen
  • Ankerwinsch Service inkl. Motor

Vorbereitung

  • Inspektion der Takelage
  • Segel montieren
  • Beiboot (Dinghi) und dessen Motor testen
  • Notpinne und Windpilot testen
  • Werkzeuglieferung aus den USA koordinieren
  • Unterwasserschiff vom Taucher reinigen lassen und Thruhulls checken
  • Rettungsinsel organisieren
  • Proviant einkaufen

Zuerst das Vergnügen, dann die Arbeit

Bevor wir mit den Arbeiten begannen, trafen wir uns mit Susanne und Steven, die wir bei unserem letzten Besuch in Ensenada kennengelernt hatten. Für das Wiedersehen entschlossen wir uns, in den nicht sehr preiswerten Italiener "Il Massimo" zu gehen. Es war aber jeden Franken wert – das kann ich zumindest von meinen Gorgonzola-Gnocchi behaupten. Und wir fixierten bereits das nächste Vergnügen: Eine Weingut-Besichtigung im Valle de Guadalupe, einem Weinanbaugebiet in der Nähe von Ensenada.

Vorbereitung ist alles

Damit wir die geplanten Arbeiten durchführen konnten, mussten wir aber erstmal auf Shoppingtour. Netterweise bot Steven an, uns zu begleiten – was für uns top war: Ein Ortskundiger mit Auto. Ganz nach mexikanischer Art wurden wir von Ort zu Ort geschickt und mussten verschiedenste Läden abklappern, um das gewünschte Material zu besorgen. Wir waren grösstenteils erfolgreich, einzig einen Impeller in unserem Format konnten wir nirgends finden. Das Dinghy (Schlauchboot) konnten wir ebenfalls aufpumpen und es hat den Dichtheitstest über Nacht bestanden.

Carmen hat das Dinghi fertig aufgepumpt
Das aufgepumpte Dinghi – ein abgeschlossenes Projekt

To-Do-Liste abarbeiten

Milagros hatte bereits einen richtigen Meerbart am Bauch – verschiedenste Korallen und Pflanzen hatten sich an unserem Unterwasserschiff angesiedelt. Dies zog Fische auf der Suche nach Futter an. Eines Morgens hörten wir laute Klopfgeräusche an der Hülle, die ihren Ursprung unter Wasser hatten. Es stellte sich heraus, dass es etwas 30cm grosse Fische waren, die mit ihren Schwänzen die Korallen abschlugen, um an die darin wohnenden Krebse zu gelangen. Zum Glück hatten wir den Taucher für die Unterwasserschiffreinigung bereits bestellt. Als dieser kam, überprüfte er auch gleich noch unsere Opferanoden aus Zink – zum Glück! Sie waren nämlich beinahe komplett weggefressen.

Ein wichtiger Job: das Ersetzen der Opferanoden
Neue vs. alte Opferanode

Ich fand zwar neue Opferanoden bei den Ersatzteilen, aber sie waren zu lang. Netterweise war aber schon mit Filzstift angezeichnet, wo und wie viel sie gekürzt werden mussten. Danke fürs Anmalen aber nicht Kürzen! Also borgte sich Iñaki Stevens Metallsäge und erledigte den Job. Wir liessen bei dieser Gelegenheit Unterwasserbilder von unseren Thruhulls machen.

Eins unserer nächsten Projekte: das Ersetzen der Thruhulls
Teilweise korrodiertes Thruhull

Sie scheinen noch ok zu sein, aber wir können sie definitiv auf die Projektliste nehmen für nach dem Auswassern in Puerto Peñasco.

Der Motorenservice – ein typisches Bootsprojekt

Das nächste grosse Projekt war der Motorenservice: Austausch der Keilriemen und des Impellers (dieser Gummipropeller saugt das Meerwasser an, um es dem Kühlwasserkreislauf des Motors zuzuführen), Ölwechsel und Ölfilterwechsel. Der Ölwechsel verlief unspektakulär (ausser, dass wir ausversehen zu viel Öl nachgefüllt hatten und dann wieder entsprechend rauspumpen mussten), wie auch das Wechseln der Keilriemen.

Aber, jetzt wird es technisch: Um den Impeller wechseln zu können, mussten wir zuerst den Keilriemen der Wasserpumpe abmontieren, die Wasserpumpe abschrauben und das Gehäuse der Pumpe öffnen. Soweit so gut.

Es kommt, wie es kommen muss

Beim Aufschrauben der Wasserpumpe sprudelte mir Wasser entgegen. Ups, wir hatten vergessen, den Borddurchlass für den Meerwassereinlass zu schliessen. Obwohl, dieser hätte eigentlich geschlossen sein sollen, wenn der Motor nicht in Gebrauch ist, und niemand hatte den Durchlass seit Dezember angefasst. Es zeigte sich aber, dass der Hahn zugedreht war. Daraus liess sich schliessen, dass dieser Borddurchlass nicht mehr schloss, was nicht gut ist. Wir mussten also eine andere Lösung finden, um die Wasserzufuhr zu unterbinden. Iñaki öffnete kurzerhand das Sieb, steckte einen Korkpfropfen rein und stoppte damit den Wassereintritt. Ich konnte danach das Gehäuse aufschrauben. Es war ziemlich mühsam, den Impeller aus dem Gehäuse zu entfernen, aber mit etwas Fluchen war der neue Impeller (es hatte glücklicherweise noch Ersatz-Impeller auf dem Schiff) montiert. Meine Freude über den ersten selbstmontierten Impeller war gross.

Die Freude währt nicht lange

Beim anschliessenden Motorentest stellte sich heraus, dass bei laufendem Motor kein Kühlwasser aus dem Auspuff rauskam – das war weniger gut. Ein weiser Mann sagte einmal: Wenn du an einem Motor etwas machst, und es funktioniert danach nicht, dann hast du es falsch gemacht. Also ging das ganze Spiel von vorne los. Und wir stellten fest: Der Impeller drehte nicht mit. Ich hatte übersehen, dass es zwischen der Pumpe und dem Impeller noch einen sogenannten Schlüssel gibt, welcher die beiden Teile miteinander verbindet. Den musste ich beim vorhergehenden Impeller-Wechsel verloren haben.

Minutiös suchte ich die Bilge ab – war dieses kleine Stück Metall runtergefallen? Aber in der Bilge war nichts. Die letzte Hoffnung bestand darin, dass der Schlüssel in den Wasserschlauch reingefallen war. Ach herrje. Wir überlegten schon, was wir tun würden, wenn wir dieses Teil nicht mehr finden würden. Dann kam Steven mit einem Motivationsschub zur Hilfe bei der Suche.

Pati während dem Motorenservice
Pati im Motorenraum am Impeller wechseln

Impeller zum Zweiten

Wir demontierten also auf beiden Seiten des Kühlwasserschlauches die Briden und tadaaaa, das kleine Metallstück purzelte raus. Phuuuuh, Glück gehabt. Steven machte sich dann daran, den Impeller wieder zu montieren, nicht ohne die ganze Sache vorher noch richtig einzufetten, damit es einfacher ging. Der anschliessende Motorentest zeigte: Nichts – wieder kein Kühlwasseraustritt. Uns gingen langsam die Ideen aus. Wir liessen danach die Sache über Nacht ruhen und widmeten uns am nächsten Tag in alter Frische wieder dem Problem.

Der Impeller Key verursachte einige Probleme
Dieses kleine Stück Metall verursachte so viele Probleme!

Ich demontierte nun zum dritten Mal die Wasserpumpe, nur um herauszufinden, dass der Schlüssel diesmal zwar nicht verloren gegangen war, jedoch nicht dort war, wo er sein sollte. Da alles eingefettet war, musste ich ganz schön rumklauben, bis ich das Ding wieder an seinem Platz und den Impeller – diesmal mit grosser Vorsicht und mit anschliessendem Drehtest – wieder montiert hatte. Ich kann fast sagen, dass ich nun ein Impeller-Profi bin: Üblicherweise wird dieser nur 1x pro Saison gewechselt. Und das Ergebnis vom Motorentest? Kühlwasser läuft!

Geburtstag auf dem Boot

Der funktionierende Motor war wie ein kleines Geburtstagsgeschenk für Iñaki – immerhin etwas, das klappte. Wir schafften es auch nach einigem Gehirnjogging, mittels eines neu gespleissten Teils unsere Steuerkabel zu befestigen. Juhuu, wir sind nicht mehr manövrierunfähig.

Den neuen Spleiss wird gedehnt
Der neue Spleiss wird gedehnt

Dafür gab die Ankerwinsch immer noch nach 3 Sekunden den Geist auf und das Gas funktionierte nicht mehr… So mussten die Geburtstagsburger von Iñaki und Stacy (unsere Nachbarin hatte einen Tag später Geburtstag) halt auf deren Grill gebraten und zu uns aufs Boot gebracht werden.

Wir feiern Iñakis Geburtstag auf unserem  Boot
Geburtstagsfest auf Milagros

Auf Irrwegen durch Ensenada

Als nächstes stand das Gas- und Ankerwinsch-Problem auf dem Programm. Mit einigem Bootsyoga schafften Carmen und ich es, den 8m langen Gasschlauch aus dem Schiff zu ziehen. Bei der Ankerwinsch pumpten wir das Getriebeöl heraus, damit wir den Motor abmontieren konnten, um ihn in der Stadt testen zu lassen und herauszufinden, was den Spannungsabfall verursacht. Aus einer vermeintlich kurzen Tour zu zwei Läden wurde eine rund 4-stündige Odyssey durch ganz Ensenada. Den Motorentest hatten wir schnell hinter uns: Im ersten Laden wurde er getestet und er hatte funktioniert. Leider haben wir nicht die richtigen Fragen gestellt, und wissen nur, dass er funktioniert und nicht, ob er zu viel Spannung zieht. Im Nachhinein ist man immer schlauer.

Notwendige Teile um einige Bootsprojekte zu erledigen
Wir konnten fast alles finden, was wir zur Erledigung einiger Bootsprojekte benötigten

Für den Gasschlauch sah die ganze Sache aber anders aus. Es scheint in Ensenada keinen Laden zu geben, der 8m lange Propangasschläuche mit passenden Anschlüssen verkauft… Frustriert gönnten wir uns feine Shrimp Tacos und danach Desserts aus der besten Bäckerei der Stadt namens "Panaderia el Nuevo Cristal".

Bootsleben – wo Schatten ist, ist auch Licht

Nebst den Tiefen erlebten wir aber auch immer Höhen. So luden uns Steven und Susanne auf eine superfeine Auberginen Parmigiana zu sich ein, oder Steven brachte uns leckere Sandwiches zum Zmittag, da wir ohne Gas nicht kochen konnten. Unsere Morgenroutine beinhaltet deshalb neu auch einen Kaffee-Besuch bei Susanne.

Auch der Ausflug zum Weingut war ein Highlight: Neben fantastischem Essen und gutem Wein sahen wir auch eine andere Gegend von Mexiko. Und interessant war, dass – obwohl das Weintal nur 30 Minuten Autofahrt entfernt war – das Thermometer innert kürzester Zeit von 28°C (in der Marina) auf Schlappe 40°C kletterte. Dagegen halfen jedoch ein Strandspaziergang und ein kühles Bier in Las Salinas.

Was für 1 Leben…

Pati am Strand in La Salina
Am Strand in La Salina

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9 Comments

Hi Patricia, du schreibst ja cool, es fühlt sich an als ob man dabei wäre! Freue mich für Euch, dass es langsam? wird…die Bilder sind auf jeden Fall toll und deine Beschreibungen kurzweilig 😉
Herzliche Grüsse und weiterhin eine gute Zeit,

Fleissig fleissig… Und alles äusserst lesenswert dokumentiert, ich danke dafür. Patis schmutzige Finger beim Impeller-Wechseln haben mir am meisten gefallen, hähä…
Lieben Gruss aus der verregneten und kalten Schweiz

„ Jeder sagt es einem und jeder Segler weiss es: Man kann nicht „einfach“ etwas erledigen – jedes gelöste Problem führt zu fünf neuen Problemen.” dafür hättest du dir ja kein Segelboot kaufen müssen, das kannst du auch bei uns haben.

Weiterhin gutes Problemlösen und viel Spass dabei

My issues in getting our motorhome repaired and on the move pale into insignificance compared to your boat stories! Well done for getting it all done

Guet händer zämegschafft. Es hätt halt alles 2 Site.
Aber s Ergebnis isch doch wichtig. Häsch alles sehr guet präsentiert.
lbg. Grosmi

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