Die Astillero Cabrales mit ihren vielen verschiedenen Namen wird unser Zuhause für die nächsten paar Monate, während wir unser Boot renovieren. Es gibt einige gute Gründe, wieso wir uns für diesen Ort entschieden haben. Nach den ersten paar Tagen auf Trockendock zeigt sich, dass unsere Wahl die richtige war.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich schon wieder in der bitterkalten Schweiz. Kaum vorstellbar, dass Carmen, Iñaki und ich noch letzte Woche bei morgendlichen 14°C in der Astillero Cabrales fast erfroren sind.
Milagros sitzt nun auf dem Trockenen in Puerto Peñasco. Astillero Cabrales, Rocky Point Boatyard oder Cabrales Boatyard, unser Trockendock hat viele verschiedene Namen.
Zur Erklärung:
- Cabrales ist der Nachname der Inhaber-Familie. Astillero Cabrales ist die spanische Version, "Astillero" heisst zu Deutsch "Bootswerft".
- Cabrales Boatyard dürfte selbsterklärend sein.
- "Rocky Point" ist die amerikanische Version von "Puerto Peñasco". Daher "Rocky Point Boatyard" für all unsere amerikanischen Freunde.

Warum Astillero Cabrales?
Die kleine Stadt Puerto Peñasco liegt ganz im Norden von Mexiko im Staat Sonora. Ein Hauptgrund, warum wir uns für die Astillero Cabrales entschieden haben, ist die Nähe zu den USA. Die Fahrt nach Lukeville in Arizona ist mit knapp einer Stunde mehr als überschaubar. Auch Phoenix ist mit knapp 4 Stunden Entfernung einen Katzensprung entfernt. Das dürfte es einfacher für uns machen, Material für den Umbau an die Grenze zu bestellen und abzuholen.
Die Gier nach Garnelen
Früher war die Astillero Cabrales auf Garnelen-Trawler spezialisiert. Da die Überfischung bekannterweise überall auf der Welt Schaden angerichtet hat, blieb natürlich die Sea of Cortez und deren Norden auch nicht verschont. Die Nachfrage nach Meeresfrüchten auf der Welt ist dermassen explodiert, dass die Garnelenbestände trotz Einschränkungen seitens der Regierung praktisch zu Tode gefischt werden. Dies natürlich auch mit Schleppnetzen, die dem Boden entlang gezogen werden. So nimmt die Lebensgrundlage der Garnelen Jahr für Jahr Schaden. Nicht auszudenken, wie vielen anderen Meeresbewohnern so ebenfalls der Lebensraum zerstört wird. Und noch dazu kommt der Beifang.
Der kalifornische Schweinswal (Vaquita)
Als solcher landet auch der kalifornische Schweinswal in den Fischernetzen. Sein spanischer Name ist "Vaquita (kleine Kuh)". Das anderthalb Meter lange Tier wäre auch so schon einer der seltensten Meeressäuger überhaupt. Unglückerweise bewohnt er ausnahmslos dasselbe kleine Gebiet im Norden des Golfs von Kalifornien wie die "Totoaba". Dieser Fisch wird bis zu zwei Meter lang. Seine Schwimmblase wird (wer hätte das bloss gedacht) auf dem Schwarzmarkt in China als Heil- und Anti-Aging-Mittel verwendet.
(Fotos: Greenpeace / Richard Hermann)
Somit landen Vaquitas regelmässig als Beifang auf den Fischerbooten. Während 1997 noch 567 der Tiere gezählt wurden, dürften nun nur noch deren 20 in der Sea of Cortez schwimmen. Eine wunderschöne Wandmalerei direkt neben der Astillero Cabrales zeugt von der Katastrophe. Wäre da nur nicht dieser verdammte Pfahl davor!

Astillero Cabrales hats geschnallt
Dass es mit dem Shrimpfischen kein gutes Ende nehmen würde, hat wohl auch die Astillero Cabrales bemerkt. Somit ist neben Arbeiten an den riesigen Stahlschiffen die Segelcommunity zu einer Einnahmequelle geworden. Wir sind allesamt auf der anderen Seite des Spektrums. Beim Segeln haben wir eine direkte Verbindung zu Mutter Natur wie sonst kaum. Nach uns lässt sich nicht Fischen. Auch können wir zum Glück nicht als Beifang enden, so kommt immer Nachschub in der Astillero Cabrales vorbei. Geld generieren wir auch.
Salvador – das Herz der Astillero Cabrales
Ein weiterer Grund, warum wir in der Astillero Cabrales untergekommen sind, sind auch unsere Nachforschungen. Alle Berichte und anderen Blogposts die wir gefunden haben, erzählen von der tollen Community unter den Seglern und der "Geschäftsführung". Auch ein Telefonat mit Salvador, dem Inhaber der Werft, war durchwegs positiv. Selber ein Segler, hilft er den Bewohnern seines Platzes wo er kann. Einfach um sicher zu sein: Wir wollen mit diesem Text keinesfalls der Astillero Cabrales die Schuld an Überfischung und die Situation der Vaquitas machen.
Ein kleiner Vorgeschmack
Einen kleinen Vorgeschmack erhielten wir bei unserer Ankunft und dem Auswassern von Milagros. Als Milagros vom Kran auf den Platz gehoben wurde, kamen aus allen Ecken neugierige Gesichter. Man wollte natürlich sehen, wer denn diese Neuankömmlinge sind. Während dem Hochdruckreinigen des Unterwasserschiffs und dem Verschieben von Milagros kamen wir ins Gespräch mit vielen Bewohnern der Astillero Cabrales.
Lagerfeuer à la Astillero Cabrales
Somit ist es auch keine Überraschung, dass die Astillero Cabrales-Family ihre eigenen kleinen Rituale hat. Wir kamen beispielsweise in den Genuss eines kleinen freitaglichen Rituals. Jeden Freitagabend trifft sich wer auch immer Lust hat rund um ein kleines Feuer. Wärme war während unseres Besuchs auch bitter nötig, denn es wurde abends ziemlich kalt. Fehlt eigentlich nur noch ein tägliches Kaffee-Ritual mit Captain Max und Sophia, dann wäre der Kreis geschlossen.
Vorbereitungen für die Abreise
So schnell, wie wir in der Astillero Cabrales angekommen waren, so schnell war es auch schon wieder Zeit für die Vorbereitung für die Abreise. Ein bisschen Fachsimpeln mit anderen Seglern musste natürlich drin liegen, schliesslich wollten alle wissen, was wir denn so mit Milagros vorhatten und welche Arbeiten anstanden. Aber dazu ein anderes Mal mehr. Glücklicherweise sind wir nur knapp zwei Monate weg von Milagros, denn mitten in der Wüste dürfte das Schiff bei einer längeren Abwesenheit schnell staubig werden. Carmen und Iñaki können ein Lied davon singen. So ist es auch keine Überraschung, dass sich viele Segler ihre Schiffe von der Astillero Cabrales in Plastikfolie einpacken lassen, bevor sie Puerto Peñasco verlassen.
Das grosse Reinemachen
Nun mussten wir aber erst mal die ganzen Übrigbleibsel von unseren 1500 Seemeilen beseitigen. Carmen und ich schrubbten das ganze Deck und befreiten es so gut es ging vom Salz. Zu dritt demontierten wir die Segel, natürlich nicht ohne Zwischenfall. Im letzten Drittel der Führung am Vorstag (der vorderen Mastabstützung) blieb das Vorsegel hängen und war nicht herunter zu kriegen. Somit stand eine erneute Kletteraktion meinerseits an und ich konnte das Vorsegel bergen. Als wir die Vor- wie auch das Grosssegel in der Kabine verstaut hatten, war es Zeit für ein Süsswasserbad für die Leinen. Unglaublich, wie viel Abgasrückstände aus Ensenada noch zu finden waren. Das Spülwasser mit etwas Seife und Essig war sofort braun.

Carmen und Iñaki fahren nach Hause
Dann war es Zeit Adieu zu sagen. Carmen und Iñaki machten sich auf die Reise zurück zu Anila. Unser Taxifahrer machte noch kurz mit uns einen Stopp auf halbem Weg zur Bushaltestelle - Taco Take Away war angesagt. Als wir vor der Busstation die Tacos verspeist hatten, war es auch schon Zeit für das Boarding. Tschüss Carmen, tschüss Iñaki! Zurück auf dem Schiff musste ich mich zuerst ans Alleinsein gewöhnen. Der grösste Vorteil solo an Bord zu sein war, dass ich unser riesiges, superbequemes Bett in der Heckkabine endlich wieder in Beschlag nehmen konnte.
Au revoir, Astillero Cabrales
Nachdem ich auch die Innenräume von Milagros sauber gemacht und den Inhalt unseres Kühlschranks an unsere Mitsegler verschenkt hatte, war es auch für mich Zeit, Abschied zu nehmen. Mein Bus fuhr um 23:00 Uhr nachts, somit war ich mutterseelenallein auf der Astillero Cabrales als das Taxi schon am Eingang wartete. Da stand sie nun in der Dunkelheit, unsere Milagros. Bereit, um endgültig auf Vordermann gebracht zu werden. Guten Gewissens konnte ich sie in den Händen von Salvador Cabrales zurücklassen.

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