Unser Aufenthalt auf Anila hat zum obersten Ziel, unsere Segelskills zu trainieren. Für uns ist es aber noch mehr: Entspannen und Motivation tanken, um die zweite Hälfte des Umbaus von Milagros in Angriff zu nehmen. Wir kriegen das volle Sea of Cortez Aktivferienprogramm. Wunderschöne Buchten, gutes Essen, tolle Leute, schnorcheln, wandern, fischen, trainieren, motoren, und ja, auch segeln.

Unser Training auf Anila beinhaltet neben dem Segeln an sich auch die Vor- und Nachbereitung eines Schlags. Dazu gehört die Überwachung des Wetters, das Aussuchen der Ankerbucht basierend auf den vorliegenden Informationen, die Passagen- und Pilotageplanung, die Bereitmachung des Schiffes. Es geht auch um Sicherheit an Bord, Notfallszenarien, Kommunikation, alternative Pläne, Wartung und Ressourcenmanagement.
Training
Und manchmal muss man einfach nehmen, was man kriegt. So erging es uns, als wir bei Mezteño den Anker lichteten, um draussen vor der Bucht einen Übungsnachmittag einzulegen: Wenden, Halsen, Reffen und verschiedene Kurse zum Wind segeln. Wir hatten wider erwarten ziemlich gute, nicht vorhergesagte Windbedingungen. Deshalb entschieden wir uns spontan dazu, diesen Wind zu nutzen und zu unserem nächsten Ziel zu segeln: die rund 20 Seemeilen entfernte Isla San Francisco.
Die Entscheidung hat sich gelohnt
Eine wunderschöne Bucht mit klarem, türkisgrünem Wasser erwartete uns. Und ich durfte mein erstes Ankermanöver fahren. Diese Bucht eignete sich sehr gut dafür, da sie sehr viel Platz bot. Das war auch zugleich ihr Nachteil. So hatten wir einige Nachbarn, darunter auch grosse Motorboote mit ihren Generatoren. Aber das war diese Bucht allemal wert.

Bewegungsdrang
Carmen und ich schnappten uns am nächsten Morgen das Stand Up Paddle, um einen Hügel der kleinen Insel zu erklimmen. Die Aussicht war wunderschön. Die karge, steinige Landschaft mit diversen Kakteen und Wüstenpflanzen. Dazu das satte türkisgrün und-blau des Wassers, der weisse Strand und die Fischschwärme, die sich rund um die Ankerbucht tummelten. Von Weitem konnten wir auch jagende Delfine und springende Rochen erkennen. Bei einer schmalen Stelle zwischen den zwei Buchten hatte es drei kleine Salzseen, bei denen man das eigene Salz gewinnen konnten. Carmen hatte schon davon an Bord und wir kochten täglich damit.
Versuch Nr. 1 Versuch Nr. 2 Versuch Nr. 3 Versuch Nr. 4
Mittagessen jagen
Dave und Iñaki schnappten sich in der Zwischenzeit das kleine, gelbe Beiboot, um uns für das Mittagessen frischen Fisch zu fischen. Sie kamen aber mit leeren Händen zurück, da sie hauptsächlich mit anderen Booten in der Bucht geschwatzt haben. So zum Beispiel mit einem Welschschweizer, den wir schon in La Paz kennengelernt hatten, und mit einem deutschen Paar, das in San Francisco lebte und in der Sea of Cortez ein Boot gechartert hatten. Wir luden letztere auf einen Sonnenuntergangsdrink auf Anila ein.

Petri heil
Rund um das Boot wimmelte es von Fischen. Deshalb versuchten die Jungs nun ihr Glück mit Fischen direkt vom Boot. Ich kirrte die Fische mit Porridge, und die Haken waren mit Speck präpariert. In kürzester Zeit hatten wir vier Cocineros an der Angel und das Abendessen war gesichert. Fischknusperli sollten es werden. Carmen und ich filetierten und häuteten die Fische, setzten mit den Resten eine Fischsuppe an und backten dazu ein Sauerteigzwirbelbrot. Dann war schon Zeit für den oben genannten Sonnenuntergangsdrink. Auf den missglückten Ankertraininingsversuch, der dazwischen noch stattgefunden hatte, gehe ich nicht näher ein *hüstel*.
Ankertraining ahoi
Aus dem gemütlichen Beisammensein mit dem deutschen Paar wurde ein gemeinsames Abendessen. Sie steuerten noch ihre Filetresten des Mahi Mahis bei, den sie unterwegs gefangen hatten. Sie meldeten sich auch kurzerhand für das intensive Ankertraining an, das wir tags darauf geplant hatten. Wir waren ja nicht nur zum Vergnügen da, sondern auch, um mit Yachtmeister Conde unsere Blauwasser Segelskills zu trainieren. So kam es, dass wir gemeinsam insgesamt acht erfolgreiche Ankermanöver übten. Für sie war es danach Zeit, eine Bucht weiterzuziehen.
Das Aquarium zum zweiten
Wir blieben noch einen Tag und genossen die spektakuläre Natur. Dave und ich schnorchelten um die Landzunge und fanden uns plötzlich in einem Aquarium wieder. Im glasklaren Wasser hatten wir eine tolle Sicht. Unzählige Fische verschiedenster Arten und Grössen schwammen um uns herum. Die Artenvielfalt war grandios! Abends besuchte eine Schildkröte unser Schiff und schwamm zum Anker, um sich daran die "Füsse" zu kratzen. Es gesellte sich auch eine Muräne zu den Nadelfischen, Igelfischen, Cocineros und Drückerfische, die sich um unser Boot tummelten.
Weiter gen Norden
Die Ankerbucht "El Gato", unser nächstes Ziel, war aufgrund der Topografie nur bei wenig Wind geeignet. Unser Wettercheck auf dem Garmin InReach Satellitentelefon, das Dave und ich zu Testzwecken mitgebracht hatten, zeigte kaum Wind. Also los, San Fran-tschüsskoooo! Auf dem Weg zur Bucht nutzten wir die milde Brise von Hinten, um mit dem Leichtwindsegel den Kanal San José hinauf zu segeln.
Bitte lächeln!
Unterwegs wurden wir von einem uns überholenden Boot angefunkt, das nach unserem Ziel fragte. Denn sie hatten Fotos und Videos von Anila mit dem Leichtwindsegel gemacht, und wollten sie gerne mit Carmen und Iñaki teilen. Uns kam etwas weiter weg auch das deutsche Paar entgegen, doch die Funkverbindung wollte nicht klappen. Da merkten wir, dass möglicherweise etwas mit Anilas Funk nicht stimmte. Aber wir konnten vorerst nichts dagegen tun.
Die Katze oder der Stier?
Anstatt bei "El Gato" ankerten wir bei der südlichen Nachbarbucht "El Toro". Bei der Einfahrt mussten wir vorsichtig sein, denn es hatte riesige Steine, die bei Flut knapp unter Wasser waren. Und auf diese wollen wir auf gar keinen Fall treffen. Nachdem der Anker erfolgreich gesetzt war, schnappten wir unser Schnorchelzeug, um die Steine genauer zu betrachten. Wir nahmen auch die GoPro mit, aber leider war die Sicht und die Artenvielfalt nicht annähernd so nett wie bei San Francisco. Nichtsdestotrotz war das Schnorcheln eine willkommene Abkühlung und die Steine waren beeindruckend.
Ein unverhofftes Abendessen
Ein paar Fischer kamen später vorbei und boten uns frische Langusten an, zu denen wir nicht nein sagen konnten. So gab es zum Abendessen das folgende Menü:
Langustensuppe
Bohnenburger
In Knoblauchbutter gebratene Langustenschwänze
Kurz nach Sonnenuntergang hörten wir draussen lautes Klatschen auf dem Wasser. Es waren dutzende fischende Pelikane, die sich im Sturzflug aufs Wasser klatschen liessen. Ein grosser Fischschwarm musste in der Bucht in die Enge getrieben worden sein und die Pelikane stürzten sich auf den Festschmaus.
Es geht weiter
Wir waren über unser InReach mit Cavu in Kontakt und planten ein Treffen in Agua Verde. Juhuu. Sie waren ganz in der Nähe und wir hätten sie auch per Funk erreichen können oder sie auf unserem AIS (Automatisches Identifikationssystem) sehen müssen. Das war aber nicht so. Es stimmte definitiv etwas mit der Reichweite des Funks nicht. Da der Wind knapp nicht ausreichte, um Anila zu segeln, waren wir gezwungenermassen mit dem Motor unterwegs. Kurz vor Agua Verde näherten wir uns einem Schiff unter Segel. Als sich herausstellte, dass es Cavu war, drehten wir die Musik auf, während wir sie überholten. Und der Funkkontakt funktionierte auf diese kurze Distanz. Immerhin.

Man trifft sich in Agua Verde
Als wir in die Bucht einfuhren, wurden wir erneut angefunkt. „Maison de Santé“, ein Schwesterschiff von Anila, war auch da. Und kaum waren wir vor Anker, gab‘s das wohlverdiente Ankerbier – erneut vor einer gigantischen Kulisse mit sattgrünem Wasser. Dr. Cavu Dave war auch gleich zur Stelle und unterstütze Iñaki bei der Fehlersuche im Funkverkehr. So ist das Leben auf dem Boot: Reparaturarbeiten mit schöner Aussicht. Das Problem mit dem Funk konnte leider nicht behoben werden und muss später auf dem Boatyard in San Carlos gelöst werden. So mussten wir uns mit einer 2 Meilen Funkreichweite begnügen – etwa 10 Mal weniger als es sein sollte.
Eine Oase
Von Maison de Santé wurde uns eine tolle Wanderung zu einer nahegelegenen Höhle mit Höhlenmalereien empfohlen. Da man auf einem Schiff nie genügend Bewegung kriegt, mussten wir diesem Tipp einfach folgen. Die Wanderung führte uns vom Strand aus über einen kleinen Berg. Dahinter gelangten wir in ein grünes Tal, an dessen Fuss ein kleiner Friedhof lag. Danach durchquerten wir eine Art Oase mit grossen, dicht nebeneinander wachsenden Palmen. Dieser Ort war sehr speziell, denn irgendwie waren diese Palmen fehl am Platz und gleichzeitig herrschte eine angenehme Kühle.
Höhlenmalereien
Danach folgten wir einem Wasserlauf ans Meer, wo unzählige Geigerkrabben in den wildesten Farbtönen und in allen möglichen Grössen vor uns flüchteten. Entlang des Strandes ging es bis ans andere Ende der Bucht und danach steil einen Weg hoch zu den Höhlen, die sich ziemlich hoch oben im Felsen befanden. Am Höhleneingang waren die Malereien in Form von roten Händen zu sehen. In der Höhle hingen auch ein paar Fledermäuse von der Decke, die sich aber schnell verzogen, als sie uns bemerkten. Beim Znüni in der Kühle der Höhle konnten wir unten in der Bucht springende Rochen und eine Delfinschule beim Jagen beobachten.
Erbarmungslose Sonne
Zu lange durften wir nicht dort verweilen, denn die Sonne ist erbarmungslos, wenn es auf Mittag zugeht. Ausserdem war längst die erste Abkühlung im Meer fällig. Abends genossen wir einen grandiosen Baja-Sonnenuntergang am Strand gemeinsam mit Keenan, Nicole und Arielle von SV Maison de Santé, Mike von SV Ikigai und Marla und Dave von SV Cavu. Was für ein Leben.
Und jetzt?
Man könnte sich jetzt fragen, ob dieses Leben nicht auf Dauer langweilig wird. Wieder eine schöne Bucht, wieder viele Fische, noch eine Wanderung. Für mich bisher definitiv nicht. Und obwohl wir uns nicht sonderlich beeilt hatten, wäre ich doch gerne in jeder Bucht noch länger geblieben. Deshalb freue ich mich umso mehr wieder auf den Boatyard, damit wir so schnell wie möglich Milagros bereit machen und die Sea of Cortez mit unserem eigenen Schiff erkunden können.
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2 Comments
Bruno
Ich sage wiedereinmal Danke für den ausführlichen Reisebericht.
Man kriegt direkt Fernweh.
Bleibt gesund und geniesst das Leben auf See.
Gruss Bruno
Patricia
Vielen Dank, lieber Bruno! Es freut uns sehr, dass dir unsere Berichte gefallen.